Wegen des tödlichen NATO-Luftangriffs im afghanischen Kundus vom September 2009 wird es kein Strafverfahren geben. Damit mussten Hinterbliebene des Luftschlags erneut eine Niederlage vor deutschen Gerichten hinnehmen.
Mit einem am Freitag veröffentlichten Beschluss billigte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Entscheidung der Bundesanwaltschaft, die Ermittlungen unter anderem gegen den damaligen Bundeswehr-Oberst Georg Klein einzustellen, welcher das Bombardement veranlasst hatte.
Bei dem Angriff auf zwei von Taliban-Kämpfern gekaperte Tanklastwagen kamen etwa 100 Menschen ums Leben. Darunter waren viele Zivilisten, die Benzin abzapfen wollten.
Nach den zuständigen Stellen des Heeres untersuchte in der Folge auch die Bundesanwaltschaft die Umstände des folgenschweren Angriffs. Die Karlsruher Behörde stellte ihr Ermittlungsverfahren am 16. April 2010 ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bestätigte diesen Schritt am 16. Februar 2011.
Angst vor «rollender Bombe»
Mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht verlangte nun ein Vater, der bei dem Angriff zwei Kinder verloren hatte, weitere Ermittlungen und einen Strafprozess gegen Klein sowie einen als Fliegerleitoffizier an dem Angriff beteiligten Hauptfeldwebel. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde jedoch nicht zur Entscheidung an.
Die Bundeswehr habe befürchtet, dass die beiden Tanklaster von den Taliban jederzeit zu einer «rollenden Bombe» gegen ein in der Nähe befindliches Lager der Bundeswehr umfunktioniert werden könnten. Dabei sei Klein davon ausgegangen, dass es sich bei den Menschen im Umfeld der Tanklaster um Angehörige oder Unterstützer der aufständischen Taliban handelt.
Vor diesem Hintergrund sei die Einstellung der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft «nicht willkürlich und aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden», hoben die Karlsruher Richter hervor. Das Bundesverfassungsgericht betonte zugleich, dass auch mögliche Verbrechen und Straftaten staatlicher Stellen genau untersucht werden müssten.
Es dürfe gar nicht erst der Eindruck entstehen, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte hier eine höhere Schwelle anlegen. Diesen Anforderungen würden die Ermittlungen im Fall Kundus aber gerecht.
Gescheiterte Entschädigungsklagen
Hinterbliebene von Kundus-Opfern waren auch in zwei Instanzen mit Entschädigungsklagen gegen die Bundesrepublik Deutschland gescheitert. Das Bonner Landgericht wies im Dezember 2013 zwei entsprechende Klagen ab – mit der Begründung, den an der tödlichen Militäraktion beteiligten Soldaten sei «keine schuldhafte Amtspflichtverletzung» vorzuwerfen.
Dieses Urteil bestätigte Ende April das Oberlandesgericht Köln. Die Anwälte der klagenden Opfer kündigten allerdings wiederholt an, den Fall notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg zu tragen.