Das Kunstmuseum Bern hat die ihm vom deutschen Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt vermachte Sammlung noch nicht gesehen. Auch das Testament des am 6. Mai verstorbenen Gurlitt sei ihm noch nicht eröffnet worden, teilte das Museum am Dienstag mit.
Ab dem Zeitpunkt der Testamentseröffnung läuft eine Frist von sechs Monaten, innerhalb derer das Kunstmuseum Bern über Annahme oder Ablehnung der ebenso wertvollen wie umstrittenen Erbschaft entscheiden muss. Die Zeit bis dahin will die Institution nach eigenen Angaben nutzen, um so viele Fakten wie möglich zu beschaffen.
Bisher liege aber weder ein Inventar vor, noch habe die Kunstsammlung besichtigt werden können, schreibt das Museum in seiner Mitteilung weiter. Bei einem Besuch des Präsidenten und des Direktors des Kunstmuseums in Deutschland habe man Kontakte mit den dortigen Behörden hergestellt. Die politischen Behörden der Schweiz würden regelmässig auf den Laufenden gehalten.
An einer ersten Sondersitzung zum Fall Gurlitt hat das Berner Kunstmuseum beschlossen, einen Rechtsbeistand beizuziehen. Um wen es sich dabei handelt, will das Museum erst nach der definitiven Verpflichtung bekannt geben.
Die Erbschaft der mutmasslich wertvollen Sammlung Gurlitt stellt das Berner Kunstmuseum vor grosse und vielschichtige Herausforderungen. Zu Gurlitts Sammlung gehört mutmasslich auch Raubkunst. Gurlitts Vater war ein angesehener Kunsthändler im Dritten Reich. Nach dem Tod des Vaters hortete Sohn Cornelius die Sammlung in aller Verschwiegenheit in seiner Wohnung.
Unerwarteter Fund
Erst wenige Jahre vor seinem Tod kamen die Behörden durch Zufall auf Cornelius Gurlitts Spur. In der Wohnung des kauzigen älteren Herrn stiess die Polizei auf eine umfangreiche Bildersammlung, die zunächst als Weltsensation gefeiert wurde. Von millionenschweren Bilder war die Rede, aber auch von Raubkunst.
Noch vor seinem Tod hatte Cornelius Gurlitt zugestimmt, dass die Herkunft der Bilder geklärt wird. Wie wertvoll die Sammlung wirklich ist, wird inzwischen kontrovers diskutiert.
In einem Testament hatte Cornelius Gurlitt das Kunstmuseum Bern völlig unerwartet zum Alleinerben eingesetzt. An der traditionsreichen Berner Institution ist es nun, zu entscheiden, ob sie das nicht ganz leichte Erbe antreten will. Neue Informationen verspricht das Museum frühestens für Anfang Juli.