Der Bündner Regierungsrat Martin Jäger (SP) hat bei den Kunstmuseum-Wirren eine Drehung rückwärts vollzogen. Der von ihm angeordnete Führungswechsel an der operativen Spitze des Bündner Kunstmuseums in Chur wird sistiert.
Regierungsrat Jäger teilte am Dienstag überraschend mit, er habe entschieden, die am Mittwoch vergangener Woche kommunizierte Reorganisation der Leitung des Bündner Kunstmuseums zu sistieren. Die bestehenden Mängel in der Organisation würden einer erneuten vertieften Analyse unterzogen. Das Ergebnis werde so rasch als möglich kommuniziert.
Mitte vergangener Woche hatte Jäger – schon damals völlig überraschend – in einer 14-Zeilen-Mitteilung geschrieben, dass der seit fünfeinhalb Jahren als Museumsdirektor tätige Stephan Kunz per sofort als «Hauptkurator» arbeiten werde. Als neue Direktorin ad interim für ein Jahr bezeichnete er die 36-jährige Nicole Seeberger.
Nach Protesten über diese Entscheidung aus Kulturkreisen hatte Regierungsrat Jäger sein Vorgehen noch am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda verteidigt. Jäger sprach davon, dass im Kunstmuseum «vieles nicht optimal» gelaufen sei. Ende vergangenen Jahres respektive Anfang diesen Jahres sei dann «einiges aus dem Ruder gelaufen».
Jäger spricht von «sistiert»
Jägers neuster Entscheid in Sachen Direktorium des Kunstmuseums umfasste am Dienstag nicht einmal viereinhalb Zeilen. Eine Anfrage der Nachrichtenagentur sda, wer aktuell Direktor oder Direktorin des Museums sei, beantwortete der Regierungsrat nur ausweichend. Im Moment sei das Direktorium «sistiert», sagte Jäger. Die administrative Arbeit des Museums werde vom Amt für Kultur erledigt.
Weiter sagte Jäger, es gehe jetzt in einer zweiten Runde darum, die Rollenverteilung im Kunstmuseum genauer zu definieren. Nachher werde ein entsprechendes Organigramm erstellt.
Totale Funkstille herrschte am späteren Dienstagnachmittag im Bündner Kunstmuseum in der Churer City. Anrufe der Nachrichtenagentur sda wurden erst gar nicht entgegengenommen. Eine Anfrage per Mail blieb unbeantwortet.
Die von Regierungsrat Jäger als «Restrukturierung» bezeichnete neue personelle Besetzung des Kunstmuseum-Direktoriums hatte über das Wochenende eine Protestwelle provoziert. Kulturschaffende äusserten in den Leserbriefspalten der regionalen Tageszeitungen ihr Unverständnis. Unter anderem der Bündner Heimatschutz verschickte am Montag eine Mitteilung mit dem Titel «Absetzung von Stephan Kunz inakzeptabel».
SP stützt ihren Regierungsrat
Ausserdem wurde für den (morgigen) Mittwochabend in Chur zur einer Kundgebung für die Wiedereinsetzung von Stephan Kunz als Direktor aufgerufen. Gleichzeitig sollte offenbar eine «Durchleuchtung des Departements Jäger» gefordert werden.
Unterstützung für Jäger signalisierte am frühen Dienstagabend die SP Graubünden. Die Entlassung respektive Degradierung von Stephan Kunz als Direktor hätte dem Kulturkanton und insbesondere dem Kunstmuseum Schaden zugefügt, schrieb die Partei.
Und weiter hiess es: «Wir begrüssen den Entscheid von Martin Jäger, die Degradierung von Stefan Kunz zu sistieren. Der Entscheid zeugt von persönlicher und politischer Grösse und ist zu würdigen.»