Die Kurden in Syrien haben eine eigene Föderation im Norden des Landes ausgerufen. Die Regierung in Damaskus und die syrische Opposition, aber auch Ankara und die USA, lehnten den Schritt gleichermassen ab.
Das Föderationssystem sei für das Gebiet Rojava im syrischen Kurdistan beschlossen worden, sagte Sihanuk Dibo von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) nach einem Treffen in Rumeilan im Nordosten Syriens.
Ziel der Partei ist es, die drei kurdischen Bezirke an der türkischen Grenze – Kobane, Afrin und Dschasira – zu verbinden, um ein zusammenhängendes autonomes Gebiet zu errichten. Ähnlich wie Dibo äusserte sich Aldar Xelil vom Vorbereitungskomitee.
Keine Abspaltung von Syrien
Das Föderationssystem soll einen weiteren Schritt hin zu einer autonomen kurdischen Verwaltung in der Region markieren. Dabei betonen die Kurden, dass sie ihr Projekt nach territorialen und nicht nach ethnischen Kriterien vorantreiben, also die arabische Bevölkerungsminderheit und andere Minderheiten in dem Gebiet einbinden wollen. Ausserdem sei keine Abspaltung von Syrien geplant.
Ankara sieht in der PYD den syrischen Ableger der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), gegen die die türkische Armee seit Sommer 2015 im Südosten des Landes mit aller Härte vorgeht.
Die USA signalisierten, dass sie ein Föderationssystem nicht anerkennen würden. Auch die Regierung in Damaskus äusserte sich ablehnend. Jedwede Ankündigung dieser Art werde «keinerlei rechtliche, politische, soziale oder wirtschaftliche Auswirkung» haben.
Putin droht mit weiteren Militäraktionen
Derweil drohte Präsident Wladimir Putin trotz dem russischen Teilabzug aus Syrien mit neuen Kampfeinsätzen in dem Bürgerkriegsland. «Wenn nötig, ist Russland innerhalb weniger Stunden in der Lage, seine Truppenstärke in der Region ausreichend zu verstärken», sagte Putin am Donnerstag. Er werde den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad weiterhin unterstützen.
Putin hatte am Montag überraschend angeordnet, grosse Teile der russischen Streitkräfte aus Syrien abzuziehen. Ihre Aufgabe sei im Grossen und Ganzen erfüllt, hiess es zur Begründung. Seitdem sind zahlreiche Kampfflugzeuge in ihren Heimatstützpunkten eingetroffen. Luftwaffenchef Viktor Bondarew kündigte in der Zeitung «Komsomolskaja Prawda» an, der Abzug solle noch in dieser Woche vollzogen sein.
Wichtiges Signal für Genfer Gespräche
Bei einem Empfang im Kreml zeichnete Putin 17 am Donnerstag Soldaten mit Orden aus und dankte ihnen für ihren Einsatz. Eine neuerliche militärische Eskalation in Syrien sei nicht Russlands erste Wahl, bekräftigte der Oberbefehlshaber. «Ich würde das nicht wollen.» Er hoffe darauf, dass der Abzug eines bedeutenden Teils der Streitkräfte ein wichtiges Signal für die Friedensverhandlungen in Genf sei.
Unklar blieb zunächst, wie stark Russland nach dem Teilabzug in Syrien präsent bleiben will. Moskau verfügt über zwei Stützpunkte in dem Land. Militärexperten gehen von etwa 1000 Soldaten aus, die auf der Luftwaffenbasis Hamaimim in der Provinz Latakia sowie auf der Marinebasis Tartus weiterhin stationiert sein sollen.
UNO-Helfer haben Russland gebeten, sich stärker bei der Regierung in Syrien für humanitäre Hilfstransporte in belagerte Gebiete einzusetzen. Vertreter Moskaus hätten bereits mehrfach erreicht, das aufgehaltene Konvois passieren durften, sagte der leitende UNO-Nothilfeexperte Jan Egeland am Donnerstag in Genf. Jedoch seien trotz der vereinbarten Waffenruhe immer noch keine Hilfslieferungen in mehrere von Regierungstruppen belagerte Orte möglich.