Kurz vor dem fatalen Aufprall des belgischen Reisebusses am Dienstagabend im A9-Tunnel bei Siders hatten die Kinder die DVD-Bildschirme im Bus aufleuchten sehen. Die Walliser Untersuchungsfachleute begeben sich nach Belgien, um dort die Kinder erneut zu befragen.
„Die Bildschirme gingen an, und die Kinder konnten das Menu für die Filmauswahl sehen“, sagte am Sonntag Olivier Elsig, Staatsanwalt des Zentralwallis, zur Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte einen entsprechenden Bericht der Westschweizer Zeitung „Matin Dimanche“.
Er verfüge aber über keine Zeugenaussage über die Anwesenheit einer Drittperson im vordersten Teil des Busses, welche den Fahrer hätte ablenken können, sagte Elsig. Der Fahrer habe auch nicht das DVD-Gerät bedient.
Die Polizei kann auch nicht bestätigen, dass ein Lehrer seinen Sitzplatz verlassen hat, um eine DVD einzulegen. Sicher sei einzig, dass die Erwachsenen im vorderen Teil des Busses sassen.
Um Licht in die Untersuchung zu bringen, werden die Ermittler voraussichtlich in einer Woche nach Belgien reisen. Dort werden sie die Kinder erneut befragen und andere Aspekte im Zusammenhang mit der Untersuchung prüfen, wie Staatsanwalt Elsig sagte. Eine speziell für die Befragung von Kindern geschulte Person werde dabei sein.
Mit Erlaubnis der Familien
„Diese Befragungen werden nach vorgängiger Erlaubnis der Familien durchgeführt, und nur, wenn die psychische Verfassung der Zeugen es erlaubt“, unterstrich Elsig. Die ersten Befragungen waren im Wallis in den Spitälern durchgeführt worden. In Belgien werden die Ermittler abklären, ob der Zustand der Kinder eine Befragung auf dem Polizeiposten zulässt, wo gefilmt werden könnte.
Noch nicht beendet ist die Autopsie des Chauffeurs, der beim Unfall am Steuer sass. Die Analysen am Centre universitaire romand de médecine légale (CURML) würden noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, ebenso wie die anderen Untersuchungen, sagte der Staatsanwalt.
ASTRA erwägt Rüttelstreifen
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) will derweil aus dem tragischen Carunfall Lehren ziehen – aber nichts überstürzen. „Führt man überstürzt neue Sicherheitsregeln ein, ist das Fehlerrisiko gross.“
„Wir schulden den Opfern unseren unbedingten Willen, aus dieser Tragödie zu lernen“, sagte ASTRA-Vizedirektor Jürg Röthlisberger gegenüber der „SonntagsZeitung“. Das Unfallgeschehen müsse aber zuerst sorgfältig analysiert werden. Diese Aufgabe hat eine Expertengruppe übernommen.
Um über konkrete Massnahmen zu orientieren, sei es aber noch zu früh. „Grundsätzlich stehen Lösungen im Vordergrund, die den Aufprall dämpfen oder aber in richtungsgetrennten Tunneln das Fahrzeug abweisen können.“ Eine Möglichkeit wären Rüttelstreifen. Laut Röthlisberger wird die Möglichkeit geprüft, solche in Tunneln standardmässig einzubauen.