Die Labour-Abgeordneten im britischen Unterhaus haben am Dienstag ihrem Parteichef Jeremy Corbyn das Misstrauen ausgesprochen. Der Entscheid fiel mit 172 zu 40 Stimmen.
Das Misstrauensvotum hat aber keine unmittelbaren Konsequenzen. Der 67-jährige Corbyn hatte bereits vor der Abstimmung der Labour-Abgeordneten angekündigt, auch im Falle eines Misstrauensvotums nicht zurücktreten zu wollen. Als Begründung führte er an, dass er im September von einer grossen Mehrheit aller Parteimitglieder gewählt worden sei.
An der Parteibasis ist Corbyn sehr beliebt, hat aber wenig Verbündete im Parlament. Er hat bereits erklärt, dass er wieder kandidiert, wenn es eine Neuwahl für den Vorsitz der sozialdemokratischen Labour-Partei geben sollte.
Kritik wegen Brexit-Referendum
Corbyn steht wegen seines Verhaltens im Vorfeld des Brexit-Referendums in der Kritik, bei dem sich eine Mehrheit der Briten in der vergangenen Woche für ein Ausscheiden aus der EU ausgesprochen hat.
Nach dem Referendum hatte eine Vielzahl von Labour-Spitzenkräften aus Protest gegen Corbyn das Handtuch geworfen. Der Parteichef verlor innerhalb weniger Tage mehr als die Hälfte der Mitglieder seines «Schattenkabinetts». Dieses bezeichnet eine von der Oppositionspartei zusammengestellte «Mannschaft», die im Falle eines erfolgreichen Wahlausgangs das Regierungskabinett bilden soll.
Vertreter des rechten Parteiflügels werfen Corbyn vor, nur halbherzig für den Verbleib geworben und damit viele Wähler aus dem eigenen Lager nicht überzeugt zu haben. Die Parteilinken sprachen von einem seit längerem geplanten Coup gegen Corbyn.