Der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn ist zu Ende. Am Samstag um 18.00 Uhr nahmen die in der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) organisierten Lokführer und Zugbegleiter ihre Arbeit wieder auf.
Es wird nach Angaben der Bahn aber noch bis Montag dauern, bis die Züge wieder im Normalfahrplan verkehren. Am Sonntag könnten Passagiere auf den landesweiten Hauptstrecken rund 60 Prozent des regulären Angebots nutzen, teilte die Deutsche Bahn mit.
Die Züge und das dafür benötigte Personal müssten nach dem Streik-Ende erst wieder an ihre Einsatzorte gelangen. Die Rückkehr zum kompletten Normalfahrplan auf allen Fernverkehrsstrecken sowie die Wiederaufnahme des Verkehrs auf den Nebenstrecken seien daher erst ab Montagmorgen mit Betriebsbeginn möglich, erklärte die Bahn.
Bei der S-Bahn in Berlin sollten im Rahmen der Feiern zum Mauerfall-Jubiläum schon am Samstagabend mehr als die Hälfte der Züge wieder fahren, am Sonntag dann 90 Prozent. Im Güterverkehr seien die Auswirkungen des Streiks indes noch einige Tage zu spüren.
Keine Gespräche in Sicht
Der Güterverkehr war durch den Ausstand 75 Stunden stark eingeschränkt, im Personenverkehr dauerte der Streik 64 Stunden. Ursprünglich hätte der Ausstand noch 34 Stunden länger bis Montag 4.00 Uhr dauern sollen.
Die GDL hatte die Verkürzung des Streiks am Freitag als Geste der Versöhnung im Tarifkonflikt angekündigt. Zuvor war die Bahn in Frankfurt auch in zweiter Instanz mit dem Versuch gescheitert, den Streik per Gericht verbieten zu lassen.
Die Bahn äusserte die Erwartung, dass demnächst Verhandlungen mit der GDL geführt würden. Beim Gerichtsverfahren in Frankfurt habe es Signale gegeben, dass man wieder ins Gespräch komme, sagte ein Bahn-Sprecher am Samstag, fügte aber hinzu: «Es sind im Moment noch keine Gespräche vereinbart.»
Drohung mit weiterem Streik
Kern des Konflikts ist der Anspruch der GDL, auch über die Löhne und Arbeitsbedingungen der Zugbegleiter zu verhandeln. Das lehnt die Bahn ab, da für diese bisher die konkurrierende Gewerkschaft EVG die Tarifabschlüsse gemacht hat.
Die Bahn hatte der GDL angeboten, parallele Verhandlungen mit beiden Gewerkschaften zeitgleich und am selben Ort zu führen, um zu einem einheitlichen Abschluss zu kommen. Die GDL lehnte dies ab.
«Bisher haben wir noch über nichts Inhaltliches geredet», sagte der GDL-Bezirksvorsitzende von Berlin-Sachsen-Brandenburg, Frank Nachtigall, im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Die Bahn beharre auf der Position, «dass wir nicht für all unsere Mitglieder tarifieren dürfen». Sollte das Unternehmen nicht einlenken, «wird es tatsächlich wieder zu Ausständen kommen».
100 Millionen Euro Schaden
Der Arbeitskampf hat den Staatskonzern nach Angaben von Bahn-Chef Rüdiger Grube über 100 Millionen Euro gekostet. Der Schaden werde sich in dieser Grössenordnung auch in der Jahresbilanz niederschlagen, sagte Bahnchef Grube der «Bild am Sonntag» laut Vorabbericht. «Vom Imageschaden und Vertrauensverlust der DB ganz zu schweigen.»
Überlegungen, auf fahrerlose Züge zu setzen, erteilte Grube vorerst eine Absage. Technisch sei das möglich, schon heute führen Hunderttausende Fahrgäste weltweit in fahrerlosen Zügen – etwa in Nürnberg, Paris oder Sao Paulo.
«Uns geht es aber darum, dass sich unsere Kunden wohlfühlen und ein optimales Sicherheitsgefühl haben. Darum sind Züge ohne Lokführer für uns derzeit kein Thema», sagte Grube.