Die Waffenruhe in der Ostukraine erweist sich als immer brüchiger. Angesichts von beobachteten Militärkonvois und schweren Gefechten in den Separatistengebieten äusserte sich die OSZE besorgt.
Die wohl heftigsten Kämpfe seit Beginn der Waffenruhe vor zwei Monaten begannen gegen 2.00 Uhr nachts in Donezk. Über Stunden hinweg war Artilleriefeuer zu hören. Am Sonntagmorgen waren die Gefechte weniger intensiv, es wurde aber weiter geschossen. Über dem Flughafen standen grosse schwarze Rauchwolken.
Berichte über neue zivile Opfer lagen nicht vor. Allerdings seien in den vergangenen 24 Stunden drei ukrainische Soldaten getötet und 13 verletzt worden, sagte Militärsprecher Andrej Lysenko am Sonntag in Kiew.
Zudem hätten die Aufständischen in den vergangenen Tagen mehr Ausrüstung und personelle Verstärkung erhalten. «Die vergangene Woche war geprägt von einer Zunahme des Beschusses und dem Heranschaffen zusätzlicher Truppen, Munition, Ausrüstung und Personal an terroristische Gruppen», sagte Lysenko
Burkhalters Appell
Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) berichtete von Fahrzeugkolonnen mit schweren Waffen und Panzern in der Region. Ein Konvoi bestand demnach aus 40 Fahrzeugen, darunter 19 schwere Lastwagen, die Haubitzen mit 122-Millimeter-Kalibern zogen. Die Herkunft der Fahrzeuge sei nicht auszumachen gewesen.
In Kiew sei man sich aber sicher, dass sie aus Russland kämen, sagte Lysenko. Der Westen und die ukrainische Regierung werfen Russland seit langem vor, die Rebellen im Osten der Ukraine zu unterstützen und die Lage dort zusätzlich zu destabilisieren.
Der Schweizer Aussenminister und amtierende OSZE-Präsident Didier Burkhalter zeigte sich «sehr besorgt» über ein mögliches Wiederaufflackern der Gewalt in der Ostukraine. Zum wiederholten Mal forderte Burkhalter deshalb «alle Seiten» zu verantwortlichem Handeln auf. Alle müssten ihre eingegangenen Verpflichtungen einhalten und alles tun, um die Waffenruhe zu stärken.
Vorwürfe zurückgewiesen
Der Vizekommandant der Aufständischen, Eduard Bassurin, wies am Sonntag die Berichte über massive Bewegungen russischer Truppen im Krisengebiet zurück. Bei dem von der OSZE beobachteten Konvoi handle es sich um eine notwendige Rotation der Aufständischen, sagte er in Donezk.
Auch der russische Aussenminister Sergej Lawrow ging nicht näher auf den Vorwurf der ukrainischen Führung ein, wonach am Freitag 32 Panzer und andere Militärfahrzeuge aus Russland in die Ostukraine eingedrungen sein sollen.
US-Sprecherin Jen Psaki hatte zuvor ebenso wie die NATO erklärt, dass keine unabhängige Bestätigung für Kiews Darstellung vorliege. Als Lawrow nach einem Treffen mit US-Aussenminister John Kerry in Peking um klärende Informationen gebeten wurde, sagte er knapp: «Wenn Psaki keine hat, habe ich auch keine.»
Der militärische Konflikt in der Ostukraine hatte im April begonnen. Seitdem gab es nach UNO-Angaben mehr als 4000 Tote.
Bergung der letzten Absturzopfer unsicher
Vier Monate nach dem Absturz der Passagiermaschine MH17 über der Ostukraine bargen Experten weitere Leichenteile und transportierten sie in die Niederlande. Die Bergungsarbeiten der Wrackteile musste aber wegen Kämpfen gestoppt werden.
Derzeit sei nicht klar, «wann und sogar ob» die letzten neun Opfer geborgen und identifiziert werden könnten, sagte der niederländische Aussenminister Bert Koenders am Samstag bei einem Besuch der Unglücksstelle. Da 193 der 298 Todesopfer Niederländer waren, leitet Den Haag die Ermittlungen.