L’amour. Wer nach diesem Film nicht gleich aufspringen will, muss kein Sitzenbleiber sein.

«L’amour» fällt mit der Tür ins Haus. Mit Gewalt verschafft die Feuerwehr sich Zutritt. Hinter der nächsten Türe liegt eine Tote, im fahlen Blumenbett. Der Tod scheint für die Eindringlinge ein Alltagsgeschäft. Das ist ein Prolog, der bereits den ganzen Film umreisst. «L’amour» fällt mit der Tür ins Haus. Mit Gewalt verschafft die Feuerwehr sich Zutritt. […]

L'amour

«L’amour» fällt mit der Tür ins Haus. Mit Gewalt verschafft die Feuerwehr sich Zutritt. Hinter der nächsten Türe liegt eine Tote, im fahlen Blumenbett. Der Tod scheint für die Eindringlinge ein Alltagsgeschäft. Das ist ein Prolog, der bereits den ganzen Film umreisst.

«L’amour» fällt mit der Tür ins Haus. Mit Gewalt verschafft die Feuerwehr sich Zutritt. Hinter der nächsten Türe liegt eine Tote, im fahlen Blumenbett. Der Tod scheint für die Eindringlinge ein Alltagsgeschäft. Das ist ein Prolog, der bereits den ganzen Film umreisst. 

Die ersten Einstellungen des Filmes dauern, wie alle anderen, bei Michael Haneke, gerade lang genug, um uns zu erlauben, die Einstellung des Autors zu seiner Geschichte zu lesen. In gelassenem Schnitttakt folgt die Vorbereitung eines Konzertbesuchs, bis zu einer ewig langen Masseneinstellung: Im Zuschauerraum eines Theaters sitzt uns ein Publikum gegenüber, das, erst aufgeräumt, dann gespannt, dann gebannt uns in wechselndem Licht so lang entgegenschaut, wie wir ihm alle auch entgegenschauen, bis es fast magisch verklärt verstummt  – im ersten Klavier-Akkord des Meister-Konzerts, der auch ein Schlussakkord sein könnte.

Der Österreicher Michael Haneke untersucht in jedem seiner Filme auch das Wesen der Gewalt, jedoch nie um ihrer reinen Darstellung willen. Immer seziert er sie auf der Suche nach ihrem Gehalt: Er erweist sich auch mit «L’amour» erneut als ihr Meister. Hier ist es die Liebe, die zur Gewalt reift, und im Liebesakt endet, der ein Gewaltakt ist. Unendlich poetisch ist die Einstellung, die ihm folgt: Der alte Mann schneidet den Blumen die Köpfe ab, Kopf um Kopf. Da wissen wir bereits, dass er sie übers Totenbett streuen wird – wir haben es in der Anfangseinstellung kurz gesehen.

Haneke setzt mit jedem Film Grenzsteine. Mit jedem Film überrascht er uns, was um so mehr überrascht, als wir von ihm bereits erwarten, dass er uns überrascht: Wie schafft er es? Still und höchst wachsam folgt er seinen Schauspielerinnen, ebenso wie er deren Fäden in anderen Werken folgt. Er schreibt für Trintignant ein Drehbuch, für jenen Trintignant, der bei Bertolucci und Truffaut und Kieslovski das grosse Autorenkino geprägt, und sich dann vom Film verabschiedet hat, und verheiratet ihn mit Emanuelle Riva, die in «Hiroshima, mon amour» als junge Frau Kinogeschichte schrieb, und er bleibt Isabelle Huppert treu, mit der er schon zwei Filme gemacht hat. Sie spielt die Tochter des alten Liebespaares.

Bei aller Reduktion aufs Wesentliche ist «L’amour» trotz aller Unaufgeregtheit nicht nur ein leicht zugänglicher französischer Liebesfilm. Er fordert uns auch heraus: Meisterwerke brauchen MeisterzuschauerInnen. Lassen Sie sich von «L’amour» dazu machen. 

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