Junge Menschen in Tschernobyl, eine alte Dame, die Verhaftung der Fifa-Funktionäre, ein spektakulärer Sturz, Lawinenverbauungen oder ein Gottesdienst: Die besten Schweizer Pressebilder 2015 sind bis zum 3. Juli im Landesmuseum Zürich zu sehen.
Trotz der völlig unterschiedlichen Themen haben alle Bilder eines gemeinsam: Sie schaffen es, eine Information zu transportieren, eines der wichtigsten Kriterien für Pressebilder. Für den aktuellen Wettbewerb haben 238 Fotografinnen und Fotografen insgesamt 3620 Bilder in sechs Kategorien eingereicht. Rund 90 davon sind in der Ausstellung «Swiss Press Photo 16» zu sehen.
Unter den Siegern der jeweiligen Kategorien wird dann der «Swiss-Press-Fotograf des Jahres» gekürt. Die Wahl der siebenköpfigen, international besetzten Jury fiel auf Niels Ackermann. Der 1987 in Genf geborene Fotograf lebt seit einem Jahr in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Mit seiner «Ausland»-Serie «Die Kinder von Tschernobyl» beweist Ackermann, dass der Grundsatz «schlechte Nachrichten verkaufen sich besser als gute», nicht immer gilt, wie Michael von Graffenried, Gründer von Swiss Press Photo, am Dienstag beim Presserundgang sagte.
Statt Bilder der verseuchten Atomruine zu zeigen, hat Ackermann seinen Blickwinkel um 180 Grad gedreht und dokumentiert, wie junge Menschen, die am Rand der Sperrzone leben, in die Zukunft schauen. An seiner Reportage hat der Fotograf drei Jahre lang gearbeitet – auf eigene Kosten.
Überraschende Blickwinkel – technische Perfektion
Mit einem besonderen Blickwinkel überrascht auch das Gewinnerbild in der Kategorie «Aktualität». Pascal Mora zeigt die Verhaftung hochrangiger FIFA-Funktionäre, doch nicht wie von einem News-Bild erwartet. Es wird nicht ent- sondern verhüllt. Zu sehen ist vor allem ein weisses Tuch, das als Sichtschutz dient.
In der Kategorie «Alltag» hat Kaspar Thalmann die Jury mit grafisch-strengen Schwarz-Weiss-Fotos von Lawinenverbauungen überzeugt. «Oder das Tal aufgeben» zeigt den gigantischen Aufwand, der betrieben wird, um ein Dorf zu schützen.
Gewinner der «Schweizer Reportagen» ist Daniel Rihs mit seiner Serie «Beten bis zum Umfallen», die einen Gottesdienst eritreischer Flüchtlinge in Buchs AG zeigt, der eine ganze Nacht lang dauert.
Bei den «Porträts» hat es nicht das Bild eines oder einer Prominenten aufs Siegertreppchen geschafft, sondern einer völlig unbekannten alten Dame. Doch dieses Bild von Mara Truog zeigt «ein Gesicht, das ein ganzes Leben schreibt», wie von Graffenried sagte.
«Sport» sei immer schwierig, doch dieses Jahr sei er glücklich mit dem Entscheid der Jury, betonte von Graffenried. Gewonnen hat Arnd Wiegmann, der einen spektakulären Sturz beim Skeleton in St. Moritz festgehalten hat. Von dem Sportler, der zum Glück unverletzt blieb, ist inmitten einer Schnee- und Strohwolke lediglich ein Fuss und ein Unterschenkel zu sehen.
Die Ausstellung zeigt prägende Ereignisse des vergangenen Jahres, aber auch eher abseitige, unbekannte Themen. Interessant ist sie nicht zuletzt auch wegen der individuellen Arbeitsweisen der Fotografen und Fotografinnen. Kaum mehr als Pressefoto zu erkennen sind etwa Christoph Ruckstuhls Skirennfahrer am Lauberhorn, die durch seine Aufnahmetechnik nur noch als farbige Schraffuren erscheinen.