Der Baselbieter Landrat lehnt die Initiative, die einen Rückbau der Rheinstrasse verhindern will, knapp ab. Diese kommt nun zusammen mit einem Gegenvorschlag der Regierung an die Urne. Auf eine explizite Abstimmungsempfehlung verzichtet das Parlament indes.
Die formulierte Gesetzesinitiative «zur Verkehrs-Kapazitätssicherung der Rheinstrasse zwischen Pratteln und Liestal (Rheinstrasse Pratteln/Liestal-Initiative)» stammt aus Gewerbekreisen. Ihr Ziel ist, immer freie Fahrt zu gewähren im Falle von Problemen auf der neuen Umfahrungsstrasse A22.
Konkret verlangt die Initiative je eine Normalspur pro Richtung und einen mittigen Mehrzweckstreifen sowie Verkehrsleitsysteme dazu, die bei Bedarf eine Freigabe innert kürzester Zeit ermöglichen. Dies erforderte jedoch gemäss Regierung umfangreiche Installationen und Signalanlagen sowie eine Verkehrsüberwachung.
Ertüchtigungsmassnahmen hatte jedoch auch die Regierung vorgesehen. Mit ihrem Gegenvorschlag hatte sie zudem Anpassungen zur Verkehrslenkung vorgeschlagen. Diese sehen im Normalbetrieb eine zweispurige Strasse mit einem «Mehrzweckstreifen» vor, der bei Bedarf innert weniger Tage auf eine dreistreifige Verkehrsführung umgestellt werden könnte.
Die Ertüchtigungsmassnahmen werden in der Landratsvorlage auf rund 39 Millionen Franken geschätzt. Was die Initiative fordert, würde gemäss Regierung zu Mehrkosten von mindestens 20 Millionen führen; dazu kämen noch höhere Betriebskosten. Der Gegenvorschlag bringe stattdessen Zusatzinvestitionen von etwa vier Millionen.
CVP/BDP-Fraktion als «Zünglein»
Eine Zustimmung zur Initiative lehnte das Parlament mit 45 Nein gegen 43 Ja-Stimmen knapp ab. Für die Initiative sprachen sich FDP und SVP sowie vereinzelte Mitglieder der CVP/BDP-Fraktion aus.
Mit 45 zu 43 Stimmen stimmte der Landrat in der Folge jedoch einem Antrag der FDP zu, auf eine explizite Abstimmungsempfehlung zu verzichten. Den Ausschlag für das knappe Ja gaben wiederum vereinzelte Landräte der BDP/CVP-Fraktion, die zusammen mit der FDP- und SVP-Fraktion diesem Antrag zustimmten.
Die SP lehnte sowohl die Initiative wie auch den Gegenvorschlag ab. Sie schlug als Kompromiss zur Initiative und dem inzwischen rechtskräftigen Teil-Rückbau vor, nur die nötigen Ertüchtigungsmassnahmen zu realisieren, was der Landrat jedoch ablehnte. Unterstützung bekam die SP von der Grünen/EVP-Fraktion.
Der notwendigen Änderung des Strassengesetzes stimmte der Landrat zuvor mit 57 gegen 28 Stimmen bei zwei Enthaltungen zu. Das für einen Gesetzesänderung ohne Urnengang nötige Vier-Fünftel-Mehr wurde damit nicht erreicht. Gegen die Änderung stimmten die SP-Fraktion und eine Mehrheit der Grünen/EVP-Fraktion.
Teil des A22-Gesamtprojekts
Der Teil-Rückbau der Rheinstrasse gehört zum an der Urne beschlossenen Gesamtprojekt der A22. Eigentlich hätte daher der Rückbau sofort nach der Eröffnung der A22 im Dezember 2013 in Angriff genommen werden sollen. Real wurde jedoch nur die bestehende Strasse mit dem Pinsel auf zwei Spuren reduziert.
Die Rheinstrasse ist ein jahrzehntealter Zankapfel. Einem ersten generellen Projekt für eine Umfahrung, das der Landrat 1982 beschlossen hatte, stimmte das Volk 1995 zu. Doch erst nachdem das Volk 2006 auch die Finanzierung abgesegnet hatte, konnte mit dem Bau begonnen werden. Die 4,5 Kilometer lange A22 hat rund 470 Millionen gekostet.