Auch in Beaver Creek werden die Alpin-Weltmeisterschaften mit dem Super-G der Frauen lanciert. Zu den Medaillen-Kandidatinnen zählen heute Lara Gut und Fabienne Suter.
Für Lara Gut ist es im Hinblick auf den Super-G kein leichtes Unterfangen, sich der Rolle der Topfavoritin zu entziehen. Zu präsent sind die Erinnerungen an den 29. und den 30. November 2013. Damals hatten sich die Fahrerinnen letztmals auf den WM-Pisten in Beaver Creek gemessen, und Gut war mit zwei überlegenen Siegen in jener Weltcup-Woche die dominierende Figur in den Speed-Disziplinen. In der Abfahrt triumphierte sie mit 47 Hundertsteln Vorsprung vor der Liechtensteinerin Tina Weirather, im Super-G betrug die Differenz zur ersten Verfolgerin Anna Fenninger (Ö) sogar 0,92 Sekunden. Es hat sich offenbart, dass die technisch anspruchsvolle «Raptor»-Piste Gut wie auf den Leib geschneidert ist.
Gut gab zu, dass es für diese WM kein Nachteil sei, ihre Stärken auf dieser Strecke schon unter Beweis gestellt zu haben. Doch im gleichen Atemzug relativierte die 23-Jährige aus Comano den 14 Monate zurückliegenden Höhenflug. Gut meinte, auf der Raptor seien diverse Konkurrentinnen fähig, schnell zu sein. Sie dachte an die gastgebenden Amerikanerinnen, die von Überfliegerin Lindsey Vonn angeführt werden, an Olympiasiegerin Anna Fenninger, die slowenische Titelverteidigerin Tina Maze und an Tina Weirather, aber auch an ihre Teamkollegin Fabienne Suter.
Gut befindet sich gegenwärtig nicht in der selben Hochform wie im November 2013, ein Coup ist ihr aber allemal zuzutrauen. Im Super-G ist sie in der laufenden Weltcup-Saison die Nummer 3. In Lake Louise hat sie in dieser Sparte Anfang Dezember souverän gewonnen. Hinzu kommen die Ränge 4 und 6 in Val d’Isère und Cortina. Ihren Sturz in St. Moritz vom vorletzten Sonntag hat sie gemäss eigenen Angaben gut weggesteckt. Schmerzen spüre sie keine mehr.
Von zentraler Bedeutung ist für Gut an diesen Titelkämpfen, dass sie sich in Ruhe auf ihre Einsätze vorbereiten kann. Deshalb hat die Tessinerin Swiss-Ski und der Medienschar mitgeteilt, dass sie für Interviews nur in reduziertem Umfang zur Verfügung stehe. Sie bat um eine Sonderlösung, damit sich der mentale Stress in Grenzen halte. Sie benötige zusätzliche Zeitfenster für die Erholung. «Ich habe in dieser Hinsicht Lehren gezogen aus meinen bisherigen Teilnahmen an Grossanlässen», erklärte Gut, die in ihrem Palmarès drei WM-Silbermedaillen stehen hat.
Sollte aus Schweizer Sicht der Trumpf Lara Gut nicht stechen, hat Chef-Trainer Hans Flatscher möglicherweise mit Fabienne Suter noch einen Joker in der Hinterhand. Die Schwyzerin hat ihr enormes Potenzial in diesem Winter schon verschiedentlich angedeutet. Wenn sie einmal eine perfekte Fahrt ins Ziel bringen würde, dürfte sie mit Fug und Recht auf einen Podestplatz spekulieren.
An der Zeit wäre es, dass sich Suter mit Edelmetall belohnt. An Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen ist die 30-Jährige bereits achtmal in die Top 8 gefahren, aber nie ist für sie eine Medaille abgefallen. Suter sagt, sie wolle heute möglichst couragiert auftreten. «Ich möchte mir am Ende nicht vorwerfen lassen, zu wenig mutig gewesen zu sein.» Dass Beaver Creek für sie ein gutes Pflaster sein kann, demonstrierte sie im Dezember 2011 mit ihrem 2. Platz im Super-G – auch wenn jener Erfolg auf der Männer-Piste «Birds of Prey» zustande gekommen war. Auf der Raptor war sie vor etwas mehr als einem Jahr in der Abfahrt Vierte geworden.
Hans Flatscher traut Suter heute einiges zu. «Ich kenne Fabienne seit drei Jahren und habe sie mental noch nie so stark erlebt wie jetzt», liess er verlauten. Klar habe sie auch in den letzten Wochen Rückschläge verdauen müssen. Momentan könne sie sich aber immer wieder rasch aufrappeln, so Flatscher weiter. «Früher hat sie wesentlich länger an Enttäuschungen zu kauen gehabt.»
Suters Aufblühen ist auch im Zusammenhang mit ihrem Skimarken-Wechsel zu sehen. Das Dynastar-Umfeld hat ihr frische Impulse verliehen. Flatscher konstatiert: «Fabienne hat noch nicht geerntet, was sie gesät hat. Doch eines Tages wird ihre Rechnung aufgehen.» Sollte er Recht behalten, würde die Geschichte an den Olympiasieg von Dominique Gisin erinnern.
Eben diese Dominique Gisin kann das Schweizer Team derzeit wegen ihrer Schienbeinkopf-Verletzung nicht verstärken, und weil die Alternativen fehlen, wird Swiss-Ski im Frauen-Super-G nur mit drei Athletinnen vertreten sein. Komplettiert wird das Aufgebot durch WM-Debütantin Priska Nufer. Für die 22-jährige Obwaldnerin geht es primär darum, sich einen Erfahrungsschatz anzueignen. Als Bestresultat im Weltcup steht für sie der 20. Platz zu Buche, den sie vor Weihnachten in Val d’Isère erreicht hat. Von der WM-Nomination ist Nufer überrascht worden. Sie hatte damit gerechnet, sich in diesen Tagen mit Europacup-Einsätzen beschäftigen zu müssen. Nufer ist auch eine der Absolventinnen der Spitzensport-RS. «Hier in Beaver Creek weile ich sozusagen im WK», meinte sie schmunzelnd.