Lara Guts Versuch, die Enttäuschung über Platz 3 im Super-G an der WM in St. Moritz zu kaschieren – oder wenn sich die Freude über eine Bronzemedaille in Grenzen hält.
Im Vorfeld hatte es aus Schweizer Sicht nur ein Thema gegeben, den perfekten Auftakt mit Lara Gut im Mittelpunkt. Das Drehbuch sah nichts anderes als Gold für die Tessinerin vor.
Die Realität war eine andere, die gemischten Gefühle nachvollziehbar. Denn auch für Lara Gut selber war nur der Titel gut genug, der lang ersehnte erste Sieg an einer Grossveranstaltung. Endlich wollte sie dieses nächste Highlight ihrer Karriere realisieren – in ihrer bevorzugten Disziplin, in der sie momentan am stärksten fährt, vor heimischem Publikum und auf einer Piste, auf der sie sich seit ihren Anfängen als Skirennfahrerin mit am wohlsten fühlt. «Natürlich hätte ich am liebsten Gold geholt. Aber Bronze ist auch nicht so schlecht. Es war ja meine erste Fahrt nach dem Sturz.» Lara Gut resümierte mit ernster Miene. Zufriedenheit sieht anders aus.
Physiotherapie statt Ski-Training
Dieser Sturz zehn Tage zuvor im Weltcup-Super-G in Cortina mit Prellungen am rechten Oberarm und am rechten Oberschenkel als schmerzhafte Folgen hatte ihrer unmittelbaren WM-Vorbereitung eine völlig andere Richtung gegeben. Physiotherapie und Massagen standen im Zentrum, nicht das Training auf Ski. Den Glauben daran, der Favoritenrolle gerecht zu werden, konnten die Blessuren aber nicht beseitigen. Wer drei der ersten vier Super-G im Weltcup gewinnt und im vierten bis zum Ausfall klar in Führung liegt, der lässt sich von blauen Flecken und Problemen beim Stehen und beim Sitzen nicht vom vorgespurten Weg abbringen. Zumal sie die geschundenen Körperstellen beim Skifahren nach eigener Einschätzung nicht behindern.
Lara Gut gelang keine optimale Fahrt. Nach dem Abschwingen im Ziel hegte sie deshalb grösste Zweifel, dass es überhaupt zu einer Medaille reichen könnte. «Im ersten Moment hatte ich gedacht, dass ich es total versaut habe.» Unterwegs hatte sie sich nicht wohl gefühlt. Sie sprach von «komischem Schnee», von der eher weichen Unterlage in den oberen Sektoren der Strecke, die erst im Mittelteil in den «typischen, aggressiven Schnee von St. Moritz» überging und die nach der letzten Zwischenzeit «knollig» war. «Wenn ich zu viel Druck auf die Ski gab, brach ich weg, wenn ich zu wenig Druck gab, kam ich nicht vorwärts. Ich fand nie die Mischung, um richtig zu beschleunigen.»
Mit Bronze wieder nicht zufrieden
Dass eine Bronzemedaille Lara Gut nicht zufriedenstellt, ist nicht neu. Ihre Emotionen hatte sie schon deutlich weniger gut im Griff gehabt. An der WM vor zwei Jahren in Beaver Creek war sie in der Abfahrt ebenfalls Dritte geworden und hatte sich danach alles andere als begeistert gezeigt. Die Erkenntnis, ihr Potenzial nicht ausgeschöpft zu haben, schmerzte und nervte sie. 14 Monate zuvor hatte sie im Weltcup gleichenorts Abfahrt und Super-G gewonnen. An den Olympischen Spielen in Sotschi gab es nach Bronze in der Abfahrt sogar Tränen.
Für Trübsal blasen bleibt Lara Gut in diesen Tagen in St. Moritz keine Zeit. Im chargierten Programm folgen am Freitag die Kombination und am Sonntag die Abfahrt, dazwischen Trainings auf der Piste und im Kraftraum. Und weitere physiotherapeutische Behandlungen.