In den heute Abend beginnenden Playoff-Viertelfinals der NLA ist das Duell ZSC Lions – Lausanne auf dem Papier die klarste Sache. Aber die Waadtländer wollen ihre kleine Chance wahrnehmen.
300 Spiele alt ist die Schweizer Eishockey-Meisterschaft, doch so richtig los geht es erst heute Abend. Dank den ZSC Lions, Kloten und Davos aus der Deutschschweiz, Fribourg-Gottéron, Genève-Servette und Lausanne aus der Romandie sowie den Tessinern Lugano und Ambri-Piotta sind die drei grossen Sprachregionen fast gleichmässig vertreten. Dafür fehlt das Mittelland und die Zentralschweiz nach den blamablen Auftritten von Bern und Zug vollständig. Die Viertelfinal-Serien im Überblick:
ZSC Lions (1. der Qualifikation) – Lausanne (8.): Seit 2006 (SC Bern) war kein Team mehr so überlegen wie in dieser Saison die ZSC Lions. Die Mannschaft des Kanadiers Marc Crawford erzielte am meisten Tore und kassierte am wenigsten Gegentreffer. Doch aufgepasst: 2006 scheiterte der SCB anschliessend gleich in den Viertelfinals an Kloten. Lausanne hingegen schwebt nach der erstmaligen Playoff-Qualifikation auf Wolke sieben. Die entscheidende Frage ist, ob es rechtzeitig wieder auf den Boden kommt oder die Luft draussen ist. Spielt der 38-jährige Goalie-Veteran Cristobal Huet auch in den Playoffs ähnlich fantastisch wie bisher, könnte der Aufsteiger, der in der Qualifikation beide Heimspiele gegen die Lions gewann, ein zäher Gegner sein. Dennoch verfügt kein anderes Team über so viel Qualität und Ausgeglichenheit mit Routiniers (Seger, Blindenbacher), Künstlern im besten Alter (Wick, Cunti) sowie wilden Jungen (Kenins, Schäppi). Die ZSC Lions können sich letztlich nur selber schlagen.
Fribourg (2.) – Ambri (7.): Freiburg beendete die Qualifikation zum dritten Mal hintereinander in den Top 3. Dennoch ist an der Saane kaum einer restlos glücklich mit der bisherigen Saison. Zu viele Spieler suchen noch ihre Bestform, allen voran Spielmacher Andrej Bykow und Goalie Benjamin Conz. Welch grosses Potenzial in der Equipe steckt, zeigt der zweite Schlussrang, obwohl man am drittmeisten Tore aller Teams zuliess. Hier muss Trainer Hans Kossmann ansetzen, und hier liegt auch das grösste Plus von Gegner Ambri. Sandro Zurkirchen und Nolan Schaefer zeigten im Tor der Tessiner überragende Leistungen und trugen wesentlich zur ersten Playoff-Qualifikation seit sieben Jahren bei. Eine Schlüsselrolle kommt Serge Pelletier zu, der bei den Leventinern seit eineinhalb Saisons an der Bande steht und zuvor Fribourg gecoacht hat. Das könne ein Vor-, aber auch ein Nachteil sein, denkt er. Er kenne natürlich den Gegner gut, dieser aber auch seine Philosophie. Entscheidend wird sein, ob Fribourg sein unbestritten grösseres Potenzial abrufen kann und ob Ambri noch hungrig ist. Fribourg hat alle drei bisherigen Serien zwischen den beiden Teams gewonnen, die letzte allerdings 1993 unter der Regie von Andrejs Vater Slawa Bykow.
Kloten (3.) – Davos (6.): Kloten und Davos stehen sich bereits zum neunten Mal gegenüber, zum fünften Mal in den letzten acht Jahren. Besondere Brisanz birgt der Auftritt von Davos-Stürmer Peter Guggisberg, der nächste Saison in Kloten spielt. Überhaupt stehen die Bündner vor einem grossen Umbruch, der bereits diese Saison begonnen hat und Auswirkungen zeitigt. Neben Guggisberg verlassen auch Dario Bürgler und Robin Grossmann (beide Zug) Ende Saison das Team von Arno del Curto. Die Davoser kamen nur zu Beginn auf Touren, als Topskorer Marcus Paulsson Tore am Laufmeter schoss. Kloten war deutlich konstanter, auch wenn es ebenfalls stark von der Produktivität der ersten Linie um den Amerikaner Peter Mueller abhängig ist. Dennoch sagt Coach Felix Hollenstein: «Wir werden uns gegenüber der Qualifikation steigern müssen.» Er weiss nur zu gut, dass eine Mannschaft von Trainerfuchs del Curto nie zu unterschätzen ist, auch wenn der Engadiner nicht müde wird, das Gegenteil zu behaupten.
Servette (4.) – Lugano (5.): 380 Kilometer lang ist die kürzeste Strassenverbindung zwischen Genf und Lugano – mehr als 90 Prozent davon führen durch Frankreich und Italien. Vielleicht hätte hier die nordamerikanische Regel, jeweils zweimal am einen, dann zweimal am anderen Ort zu spielen, Sinn gemacht. Reisestress hin oder her – im zweiten Duell Romandie gegen Tessin treffen die Extreme aufeinander. Kein Team spielt intensiver und härter als Chris McSorleys Adler aus Genf. Umgekehrt hat Trainerneuling Patrick Fischer aus den notorisch undisziplinierten Bianconeri die defensiv zweitbeste Squadra der Schweiz geformt. Seit der Weihnachtspause erfreuen sich Servette und Lugano einer beneidenswerten Form, die Genfer surfen dank dem Spengler-Cup-Triumph auf einer Erfolgswelle. Eines ist klar: Wer sich in dieser Serie durchsetzt, darf den Meistertitel ins Visier nehmen. Für die Tessiner wäre es die erste gewonnene Playoff-Serie seit dem letzten Titel 2006.