Nach dem schweren Erdbeben in Nepal ist es am Dienstag zu einem weiteren Lawinenabgang gekommen. Die Lawine raste nach Behördenangaben in Ghodatabela an der beliebten Trekking-Route Langtang ins Tal.
Nach einer «vorläufigen Schätzung» sind dabei 250 Menschen verschüttet worden, sagte der Gouverneur der Region Uddhav Bhattarai. Es sei möglich, dass auch ausländische Touristen betroffen seien.
Die Langtang-Route liegt nicht weit von Kathmandu entfernt. Doch gebe es wenig Informationen, weil die Gegend nicht leicht zugänglich und die Kommunikation schwierig sei. Die Rettungsbemühungen seien angelaufen, würden aber vom schlechten Wetter behindert.
Angelegene Täler erreicht
Nach dem schweren Erdbeben am Samstag erreichte unterdessen erste Hilfe auch die abgelegeneren Gebiete. Ein erster Helikopter aus Indien landete im schwer getroffenen Bezirk Gorkha, in dem die Menschen seit dem Beben auf sich allein gestellt waren.
Mit ausgestreckten Armen rannten Einwohner auf den Helikopter zu, baten um Wasser und Nahrung und darum, in Sicherheit gebracht zu werden. Das Beben der Stärke 7,8 am Samstag hat ganze Dörfer in dem Gebiet ausgelöscht.
«Der Boden hört nicht auf zu beben. Jedes Mal fühlt es sich an, als würden wir gleich sterben. Wir haben nichts mehr zu essen, uns bleibt nichts mehr. Ich will nur weg von hier», sagte eine 24-jährige Frau und zeigte auf ihr zerstörtes Haus in dem Dorf Lapu.
Behörden von Zahl der Hilferufe überwältigt
Bei einer Krisensitzung aller nepalesischen Parteien sagte Regierungschef Sushil Koirala, die Behörden unternähmen alles, um die Bedürftigen mit Zelten, sauberem Wasser und Lebensmitteln zu versorgen.
Sie seien aber von der schieren Zahl der Hilferufe aus den entlegenen Himalaya-Dörfern überwältigt: «Von überall treffen Bitten um rasche Hilfe ein, aber wir sind nicht in der Lage, überall gleichzeitig Rettung zu organisieren, da uns Ausrüstung und Experten fehlen.»
Wir haben nicht genügend Mittel, und wir brauchen mehr Zeit, um alle zu erreichen«, erklärte Innenminister Bam Dev Gautam im staatlichen Fernsehen. Die Behörden hätten Schwierigkeiten, die Krise zu meistern. »Wir waren auf ein Desaster dieses Ausmasses nicht vorbereitet.“ Nepal ordnete drei Tage Staatstrauer an.
Die Zahl der Opfer stieg weiter an. Nach Angaben des nepalesischen Innenministeriums starben in dem Himalaya-Staat mehr als 5000 Menschen, rund hundert weitere kamen im benachbarten Indien und China ums Leben. Die Zahl der Verletzten stieg auf über 10’000.
Acht Millionen Menschen betroffen
Insgesamt sind von den Auswirkungen des Bebens nach Einschätzung der Vereinten Nationen rund acht Millionen Menschen betroffen. Mehr als 1,4 Millionen seien auf Lebensmittelhilfen angewiesen, viele Menschen bräuchten aber auch Wasser oder hätten ihr Obdach verloren, erklärte die Organisation.
Nach dem schweren Erdbeben haben Hunderttausende Menschen die Hauptstadt Kathmandu verlassen. Eine Viertelmillion habe sich in den vergangenen Tagen auf den Weg gemacht, sagte ein Sprecher des Transportministeriums. Die Flüchtlinge fühlten sich wegen der Nachbeben in der Stadt unsicher.
Die Lage am Mount Everest, wo sich hunderte Bergsteiger zum Beginn der Klettersaison versammelt hatten, blieb weiter unübersichtlich. Mindestens 18 Menschen starben, als eine durch das Beben ausgelöste Lawine Teile des Basislagers verschüttete, mehr als 150 Bergsteiger wurden seit Montag aus den höheren Lagen des Bergs in Sicherheit gebracht.
Unter den Todesopfern waren nach jüngsten Angaben auch ein deutscher Professor von der Universität Göttingen, zwei US-Bürger und eine Australierin.
Hilfszusagen aus aller Welt
Unterdessen kommen aus aller Welt weitere Hilfszusagen – unter anderem stockten die USA ihre Ersthilfe auf zehn Millionen Dollar und Australien auf 4,7 Millionen Dollar auf. Auch die ersten Teams von internationalen Hilfsorganisationen erreichten inzwischen das Erdbebengebiet.
In der Schweiz organisiert die Glückskette am 5. Mai gemeinsam mit der SRG und mit Unterstützung der Privatradios einen nationalen Solidaritätstag. Bisher gingen rund 1,4 Millionen Franken aufs Spendenkonto ein. 13 Partnerhilfswerke sind zurzeit in Nepal aktiv, wie die Glückskette am Dienstag mitteilte.
Doch viele Strassen sind zerstört, während Hilfe aus der Luft durch das Nadelöhr Flughafen blockiert wird. Der französische Aussenminister Laurent Fabius sagte, der Flughafen Kathmandu sei noch immer völlig verstopft. Der einzige internationale Airport Nepals hat nur sechs Parkpositionen. Maschinen mit Hilfsgütern und Helfern müssen deswegen immer wieder umkehren. Viele Touristen können nicht ausfliegen.