Lebenslänglicher Freiheitsentzug wegen mehrfachen Mordes und vorsätzlicher Tötung: So lautet das Urteil des Bezirksgerichts Horgen ZH gegen die 39-jährige Frau, die 1999 ihr Baby und 2007 ihre siebenjährigen Zwillinge getötet hat.
Während des Strafvollzugs muss die Frau eine ambulante Massnahme absolvieren. Zudem kommen Genugtuungszahlungen und andere Verpflichtungen von insgesamt mehreren hunderttausend Franken auf sie zu.
Mit seinem Urteil folgte das Gericht den Anträgen des Staatsanwalts. Der Verteidiger hatte für alle drei Taten auf vorsätzliche Tötung plädiert und eine stationäre Massnahmen gefordert. Diese dauert mindestens fünf Jahre, kann aber immer wieder verlängert werden, so lange noch Rückfallgefahr besteht.
Bei der lebenslänglichen Freiheitsstrafe kann eine bedingte Entlassung frühestens nach 15 Jahren beantragt werden. Auch hier ist die Rückfallgefahr massgeblich. Fünf Jahre hat die Frau bereits abgesessen.
Grosses Engagement des Gerichts
Das Gericht gab sich allerdings ungewöhnlich grosse Mühe, nicht nur dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft und den rechtlichen Ansprüchen auf Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen, sondern auch die Therapiebedürftigkeit der Beschuldigten zu berücksichtigen. Und es fand die Balance.
Zwar ordnete es „nur“ eine ambulante Therapie an. Dies bedeutet eine Stunde Therapie pro Woche und ist weit entfernt von der intensiven Therapierung der stationären Massnahme. Es setzte sich jedoch dafür ein, dass die Frau in die kürzlich eröffnete Therapiestation der Frauenstrafanstalt Hindelbank eintreten und dort bleiben darf, solange es Platz hat.
Damit erhält sie zumindest vorderhand die nötige intensive Therapie. Und wenn sie „in zwei Jahren oder später“ ihren Platz räumen müsse, könne man die Erfolgsaussichten der Therapie besser einschätzen, so der Gerichtspräsident. Das Gericht habe dann die Möglichkeit, gegebenenfalls nachträglich eine stationäre Massnahme anzuordnen.
Damit erhalte die Frau „den Schlüssel für den Aufbau eines neuen Lebens“ in die Hand. Er wünsche ihr, dass es ihr gelinge, ihre Persönlichkeit in den Griff zu bekommen, sagte der Gerichtspräsident.
Sehr schweres Verschulden
In seiner mündlichen Urteilsbegründung sprach er von sehr schwerem Verschulden der heute 39-Jährigen. Sie habe ihre Vertrauensstellung als Mutter missbraucht und die wehrlosen Zwillinge grausam und heimtückisch im Schlaf getötet. Damit habe sie sich klar des Mordes schuldig gemacht.
Die Tat von 1999 stufte das Gericht dagegen als vorsätzliche Tötung ein. Die besondere Skrupellosigkeit, die den Mord kennzeichnet, sei hier nicht gegeben.
Hintergrund der Taten waren laut Gerichtspräsident die schweren Persönlichkeitsstörungen der Beschuldigten, deren zwanghafte Züge und vor allem die Tatsache, dass sie Wirklichkeit und Lüge nicht voneinander abgrenzen könne. So könne sie sich ohne Hemmungen für absurde Wege als vermeintliche Lösungen entscheiden.
Staatsanwalt zeigt sich zufrieden
In den Monaten vor den Morden hatte die Beschuldigte immer grössere Probleme: eine angeschlagene Gesundheit, dadurch Kontrollverlust und das Unvermögen, ihrem Anspruch an Perfektion zu genügen. In ihrer Gier nach Aufmerksamkeit stürzte sie sich in zwei Affären und obendrein war sie extrem eifersüchtig auf ihre Kinder, denen es so viel besser ging als ihr früher.
„Der Dampfkochtopf in Ihrem Leben kam immer mehr zum Sieden“, drückte es der Gerichtspräsident aus. In dieser Situation sei ihr die Idee gekommen, die Beseitigung der Kinder würde ihre Probleme verringern.
Staatsanwalt Markus Oertle zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur sda zufrieden. Verteidiger Thomas Fingerhuth sprach von einem „harten Urteil“, vor allem weil der Platz in der Therapieabteilung nur vorübergehend sei. Er will sich noch mit seiner Mandantin besprechen. Der Entscheid über einen allfälligen Weiterzug muss innert zehn Tagen getroffen werden.