Lehrer-Präsident Beat Zemp denkt an Streik

Mit der Forderung nach 20 Prozent mehr Lohn für Lehrerinnen und Lehrer hat der Lehrerverband LCH eine Kontroverse ausgelöst. In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF legt LCH-Präsident Beat Zemp nach: Streik als letztes Mittel sei nicht ausgeschlossen, sagte er.

Der Präsident des Lehrerverbands LCH, Beat Zemp (Archiv) (Bild: sda)

Mit der Forderung nach 20 Prozent mehr Lohn für Lehrerinnen und Lehrer hat der Lehrerverband LCH eine Kontroverse ausgelöst. In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF legt LCH-Präsident Beat Zemp nach: Streik als letztes Mittel sei nicht ausgeschlossen, sagte er.

«Es ist eine Situation, in der man mit einer Verschärfung der Kampfmassnahmen rechnen muss.» In den nächsten Jahren werde sich die Situation auf jeden Fall verschärfen, weil Tausende Lehrpersonen in Pension gingen, sagte der Baselbieter Beat Zemp in der «Samstagsrundschau».

Es brauche in dieser Situation positive Signale wie aus Zürich oder Aargau, wo die Löhne gestiegen seien. Wenn die «Hinhaltetaktik» der Arbeitgeberseite aber weiter gehe, sei ein Streik möglich. Beispiele gebe es: In Genf, Zürich oder Schaffhausen hätten die Lehrer bereits früher zu dem Mittel gegriffen.

Allerdings würden sie sich ganz genau überlegen, ob sie zu Lasten der Schülerinnen und Schüler in den Streik treten wollten, sagte Zemp. «Es kommt nie gut an, wenn eine Berufsgruppe streikt.»

Viele Leerstühle

Am Montag war der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH mit der Forderung nach einem Anstieg der Lehrerlöhne um 20 Prozent innerhalb der nächsten fünf Jahre angetreten. Nur so lasse sich noch verhindern, dass der Lehrermangel grösser und grösser werde. 

Erhebliche Probleme gibt es laut LCH schon jetzt. Wie eine Umfrage des Deutschschweizer Schulleiterverbandes VSL kurz vor Beginn des Schuljahres 2013/14 ergeben habe, seien in 90 Prozent aller Schulen noch Stellen zu besetzen. An vielen Orten wisse man nicht, wer nach den Sommerferien vor der Klasse stehe. Jede sechste Schule müsse noch Klassenlehrpersonen und beinahe jede dritte Schule Fachlehrpersonen suchen.

Ungenügende Noten für Lehrer

40 Prozent der befragten Schulleiter erachteten die im letzten Jahr vorgenommenen Stellenbesetzungen zumindest teilweise als ungenügend. Und auch diese Zahl wird sich laut LCH noch erhöhen, falls keine Gegenmassnahmen ergriffen werden. Dies aus einem einfachen Grund: In den Schulen macht sich nun der Babyboom in den Jahren nach 2005 mit steigenden Schülerzahlen bemerkbar. Eigentlich eine erfreuliche Entwicklung, wenn nicht die Lehrer der letzten Boomgeneration vor der Pensionierung stehen würden.

Dabei gehen den Schulen laut LCH vor allem die Männer aus (hauptsächlich in der Primar), weil sich nur noch wenige junge Männer für diesen Beruf interessieren würden. Dem Bundesamt für Statistik zufolge werden 2020 an der Primarschule 85 Prozent und an der Oberstufe 59 Prozent Frauen unterrichten.

Unteres Mittelfeld

Alles Probleme, die nach Ansicht des LCH mit den ungenügenden Arbeitsbedingungen und der dürftigen Lohnentwicklung zu tun haben. Die Löhne in vergleichbaren Berufen in Privatwirtschaft und Verwaltung lägen teilweise deutlich höher.

Der «Tages Anzeiger» hat mit einem Lohnvergleich in Zürich versucht zu ergründen, ob diese Behauptung stimmt. Ergebnis: Die Lehrerlöhne liegen eher im unteren Mittelfeld. Mit einer Erhöhung von 20 Prozent wären sie wieder «sehr attraktiv», wie der «Tages Anzeiger» es nennt.

Verallgemeinern lässt sich dieses Ergebnis allerdings nur bedingt, da die Lehrerlöhne von Kanton zu Kanton beziehungsweise von Gemeinde zu Gemeinde variieren und im Kanton Zürich vergleichsweise hoch sind. Klar ist, dass die Lehrer es schwer haben werden, sich überall durchzusetzen. Die Zentralschweizer Erziehungsdirektoren haben die Forderungen jedenfalls schon mal als «überrissen» bezeichnet und zurückgewiesen. 

Baselland zahlt nicht mehr – sondern spart

In den beiden Basel können sich vor allem die Basler Lehrer Hoffnungen machen – ab 2015 sollen sie mehr Lohn erhalten. Im Baselbiet wird bei den Seklehrern dagegen gespart. Diese müssen neuerdings eine Stunde mehr pro Woche unterrichten. Auch von den Lehrern könne man «mehr Produktivität» erwarten, sagte der inzwischen abgetretene Finanzdirektor Adrian Ballmer (FDP) Ende 2011 zur Begründung. Schliesslich könnten sie bei der Unterrichtsvorbereitung heutzutage ja aufs Internet zurückgreifen. 

Eine Aussage, die damals schon schlecht ankam. Ab sofort wird bei den Lehrern aber nicht mehr nur gemurrt, sondern gefordert. Und gedroht – mit Streik.

Entlassungen im Baselbiet. Eine Besonderheit der beiden Basel ist, dass die Sekundarschule mit der Umsetzung von Harmos auf drei Jahre verkürzt wird. Dies führt dazu, dass es zumindest auf dieser Stufe in den nächsten drei, vier Jahren kaum einen Lehrermangel geben wird. Im Baselbiet ist sogar mit Entlassungen zu rechnen. Und auch Primarlehrerinnen und -lehrer müssen in der Region Basel nicht so krampfhaft gesucht werden wie in anderen Landesteilen.

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