Der Leitzins in der Euro-Zone bleibt auf seinem historisch niedrigen Stand von 1,0 Prozent. Das beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch an seiner Sitzung in Frankfurt am Main.
Im Vorfeld der Entscheidung war darüber spekuliert worden, ob die Währungshüter den Zinssatz noch weiter senken würden, um die lahmende Konjunktur anzukurbeln und dem kriselnden Finanzsystem Luft zu verschaffen.
„Einige Ratsmitglieder hätten eine Zinssenkung vorgezogen – aber nicht viele“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi an einer Medienkonferenz im Anschluss an die Sitzung. Er betonte, die Notenbank sei bis auf weiteres nicht gewillt, mit neuen Krisenmassnahmen den Druck von der Politik zu nehmen. Vielmehr seien die Regierungen gefordert, die Krise zu lösen.
Der Rat entschied zudem, dass die EZB den Geschäftsbanken weiterhin unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellt. Das Programm der so genannten Vollzuteilung werde mindestens bis Anfang 2013 oder aber so lange wie nötig fortgeführt, sagte Draghi.
Ursprünglich wäre die Rundumversorgung für das Bankensystem bis Mitte Juli befristet gewesen. Wegen der massiven Refinanzierungsprobleme der Banken in vielen Ländern der Euro-Zone hatten Analysten jedoch mit der Verlängerung dieser Massnahme gerechnet.
Unverändert trübe Aussichten
Angesichts der Schuldenkrise warnte Draghi vor steigenden Konjunkturrisiken in der Währungsunion. Das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone bleibe schwach, sagte der EZB-Chef. „Die erhöhte Unsicherheit belasten Vertrauen und Stimmung, was das Abwärtsrisiko für die Konjunkturaussichten erhöht.“
Ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr beliess die EZB gegenüber der März-Prognose unverändert. Sie erwartet, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Eurozone 2012 um 0,1 Prozent sinken wird.
Im besten Fall rechnen die Ökonomen mit einem Wachstum von 0,3 Prozent; das BIP könnte aber auch um bis zu 0,5 Prozent schrumpfen. Im ersten Quartal entging die Eurozone nur durch das kräftige Wachstum der grössten Volkswirtschaft Deutschland einer Rezession. Für 2013 rechnet die EZB mit einem Wachstum von bis zu zwei Prozent.