Andy Murrays Sieg in Wimbledon ist der Lohn seiner Beharrlichkeit. Er packte seine Chance nach einer langen Durststrecke – auch dank der Rückkehr zu Coach Ivan Lendl.
Andy Murray teilt sein Schicksal ein wenig mit Stan Wawrinka. Trotz zwei Grand-Slam-Titeln ist er der Spieler der «Big 4», der in wichtigen Momenten versagte. Zehn Grand-Slam-Finals hatte er bis am Sonntag bestritten – alle gegen Roger Federer oder Novak Djokovic.
Wohl genau aus diesem Grund hatte er acht davon verloren (drei gegen Federer, fünf gegen Djokovic). Der 29-jährige Schotte ist deshalb wohl der beste Spieler, der nie die Nummer 1 der Welt war.
Murrays Ruhe in den Tiebreaks
In Wimbledon musste er für einmal weder Federer noch Djokovic bezwingen, um das Turnier zu gewinnen. Ein nicht unwesentlicher Faktor, wie er selber zugibt. «Vor dem Spiel war ich gleich nervös wie vor all den anderen Finals», erklärte er nach dem Finalsieg gegen Milos Raonic.
«In den Tiebreaks spürte ich aber etwas mehr Ruhe und Sicherheit, weil ich seine Situation kannte und wusste, dass er in seinem ersten Grand-Slam-Final nervös sein würde.» Prompt entschied er beide Kurzentscheidungen deutlich für sich.
Für andere Gegner als Federer, Djokovic oder Rafael Nadal ist Murray sowieso fast unantastbar geworden. Dieses Jahr verlor er in Wimbledon nur gerade zwei Sätze, beide im Viertelfinal gegen den unberechenbaren Jo-Wilfried Tsonga, nachdem er bereits mit 2:0 Sätzen geführt hatte. Im entscheidenden Durchgang war Murray aber wieder klar überlegen.
Murrays Kampfansage
Auch wenn ihm Federer und Djokovic von anderen Spielern aus dem Weg geräumt wurden, ist der Schotte ein hoch verdienter Sieger. Trotz vieler bitterer Niederlagen, blieb Murray immer beharrlich. Kaum einer arbeitet härter als der schottische «Braveheart».
«Ich kann weinen wie Roger Federer, leider kann ich nicht spielen wie er», sagte er nach dem verlorenen Final am Australian Open 2010. Die Aussage stimmt längst nicht mehr. In den letzten fünf Turnieren stand er jedes Mal im Final und verlor nur in Madrid und am French Open (gegen Djokovic). Nach dem dritten Grand-Slam-Titel ist das Selbstvertrauen gross. «Mein bestes Tennis steht noch bevor», verspricht er.
Der Dank an Lendl
Ein wichtiger Grund für den Erfolg ist Ivan Lendl. Der Stoiker aus Ostrava, der in Wimbledon nie zum Erfolg gefunden hat, konnte sich selbst dann nur ein verkrampftes Lächeln abgewinnen, als Murray ihm bei der Siegerehrung dankte. Die langjährige Nummer 1 der Welt hatte den Briten bereits zu den ersten beiden Grand-Slam-Titeln geführt und sich dann von ihm getrennt, weil er der vielen Reisen überdrüssig war.
In diesem Frühjahr konnte Murray ihn zur Rückkehr überreden. «Er ist ein Leader», schwärmt er vom gebürtigen Tschechen. «Ich vertraue seinen Worten.» Er bringe ihn dazu, offensiv zu spielen. «Er ist sehr ehrlich, auch wenn ich nicht immer alles gerne höre.»
Die Worte «Wimbledon Champion 2016: Andy Murray» werden ihm aber wie Musik vorkommen. Und hinter verschlossener Türe konnte sich vielleicht sogar Lendl ein Lächeln abringen.