Im Mai 2006 haben Volk und Stände die neue Bildungsverfassung angenommen. Acht Jahre später ist das Gesetz, das die Grundsätze der Weiterbildung festlegt, unter Dach und Fach. Der Nationalrat hat am Donnerstag die letzten Differenzen bereinigt.
Bis zuletzt umstritten war, welche Rolle den Arbeitgebern zukommen soll. Der Nationalrat wollte diesen zunächst keinerlei Verantwortung für die Weiterbildung übertragen. Der Ständerat beharrte jedoch auf einer Bestimmung, wonach Arbeitgeber die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden begünstigen sollen.
Dem hat sich der Nationalrat nun angeschlossen. Eine rechts-bürgerliche Minderheit leistete bis zuletzt Widerstand, obwohl der umstrittene Artikel rein programmatischer Natur ist und keine neuen Leistungspflichten begründet. Peter Schilliger (FDP/LU) befürchtete, dass die Arbeitnehmerorganisationen trotzdem Ansprüche daraus ableiten könnten.
Zudem bestehe das Risiko, dass ein Gericht eines Tages trotzdem Pflichten für Arbeitnehmer begründen könnte. Auch Peter Keller (SVP/NW) sprach von einem «juristischen Experimentierfeld». Er erinnerte daran, dass der Schweizer Weiterbildungsmarkt funktioniere und die Verantwortung für die Weiterbildung nach wie vor bei den Arbeitnehmende liege. Der Nationalrat hiess die Bestimmung jedoch mit 119 zu 66 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut.
Eingelenkt hat der Nationalrat auch beim Verhältnis von staatlichen und privaten Weiterbildungsangeboten. Er übernahm den Kompromissvorschlag, mit welchem weder die öffentlichen noch die privaten Anbieter benachteiligt werden sollten: Öffentliche Angebote müssen mindestens zu kostendeckenden Preisen durchgeführt werden.
Förderung von Grundkompetenzen
Über die Stossrichtung des Gesetzes waren sich die Räte von Anfang an einig gewesen: Es handelt sich um ein Rahmengesetz, das die Weiterbildung in der Verantwortung des Einzelnen belässt. Bund und Kantone sollen nicht direkt in die Weiterbildung eingreifen, sondern die Rahmenbedingungen verbessern und Grundsätze festlegen.
Der Charakter des Rahmengesetzes wird nicht zuletzt daraus ersichtlich, dass dieses kaum Kostenfolgen hat: Die Zusatzkosten belaufen sich auf rund 2 Millionen Franken pro Jahr. Einziger neuer Fördertatbestand ist die Bekämpfung des Illetrismus.
Zu den Grundkompetenzen Erwachsener gehören gemäss dem Weiterbildungsgesetz neben dem Lesen und Schreiben die mündliche Ausdrucksfähigkeit in einer Landessprache, die Alltagsmathematik sowie die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Für deren Förderung kann der Bund Beiträge an die Kantone ausrichten.
Kein Weiterbildungsurlaub
Weiter gingen die Räte nicht: Die bürgerliche Mehrheit war während der ganze Debatte bestrebt gewesen, den ihrer Meinung nach bestens funktionierende Weiterbildungsmarkt nicht anzutasten. Kostenlose Informationsangebote zur Weiterbildung fielen durch. Chancenlos waren auch der von der Linken geforderte Weiterbildungsurlaub oder der Ausgleich von Lohnausfällen wegen langer Weiterbildungen aus der AHV.
Damit blieb das Parlament auf dem vom Bundesrat vorgezeichneten Kurs: Das neue Weiterbildungsgesetz bildet eine rechtliche Klammer über knapp drei Dutzend Spezialgesetzgebungen zur Weiterbildung und legt gemeinsame Grundsätze für den gesamten Bereich fest. Im Dschungel der Angebote und Abschlüsse soll es Transparenz und Vergleichbarkeit verbessern und auch den Behörden eine gewisse Orientierung bieten.
Das Gesetz ist bereit für die Schlussabstimmung. Grundsätzlichen Widerstand hat keine Fraktion angekündigt.