Laut Wahlprognosen steht der Ausgang der Wahlen am 18. Oktober fest: Das Land rutscht nach rechts. Doch die Prognosen lagen in der Vergangenheit nicht immer richtig.
Im vierten und letzten Wahlbarometer vor den eidgenössischen Wahlen 2015 bestätigt sich der Trend zu einem Rechtsrutsch. Wäre Ende September gewählt worden, hätte die SVP 27,9 Prozent der Stimmen erhalten. Sie konnte – wie auch die SP – besonders gut mobilisieren.
Gegenüber dem Wahlbarometer von Anfang September konnte die SVP ihren Stimmenanteil beinahe halten, wie das am Mittwoch veröffentlichte Wahlbarometer des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG zeigt. Damals hatte die SVP mit 28 Prozent den maximalen Stimmenanteil in den diesjährigen Wahlbarometern erreicht.
Auf ähnlichem Niveau verharrte auch die SP, die Ende September auf 19,2 Prozent der Stimmen gekommen wäre gegenüber 19,3 im Wahlbarometer Anfang desselben Monats. Sowohl SVP wie SP konnten gut mobilisieren. «Die Bürger am rechten und linken Pol sind heute verstärkt zum Wählen motiviert, derweil die Mitte mehr Mühe hat, ihr Wählerpotenzial zum Wählen zu bewegen», schreiben die Autoren.
Verluste bei den Grünen am wahrscheinlichsten
Leicht verloren hätte die FDP, die noch auf 16,7 Prozent kommt, während sie zuvor bei 16,9 gelegen hatte. Im Vergleich zum erreichten Stimmenanteil bei den Wahlen 2011 (15,1 Prozent) würde dies für die FDP dennoch einen Zuwachs bedeuten. Nicht geschadet hat der FDP offenbar die Wahlkampfabstinenz ihres Parteipräsidenten Philipp Müller nach dessen Verkehrsunfall.
Wieder leicht zulegen konnte die CVP, die aktuell auf 11,5 Prozent kommt. Die Grünen reihen sich dahinter mit 7,2 Prozent ein. Das Wahlbarometer prophezeit den Grünen denn auch Verluste – mit einer Wahrscheinlichkeit von 94 Prozent. Fast genau so sicher (92 Prozent) seien Gewinne für die FDP, schreiben die Autoren.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit muss die BDP Verluste hinnehmen. Die Partei kommt im aktuellen Wahlbarometer auf 4,6 Prozent Stimmenanteil. Die GLP käme auf 5,0 Prozent.
Der neue Trend geht laut gfs-bern dahin, dass die grossen Parteien gestärkt werden und kleinere eher Federn lassen müssen. Gefragt seien angesichts vieler Unsicherheiten Antworten der etablierten Parteien. Ausserdem wollten viele Wahlberechtigte das rechtsbürgerliche Lager stärken.
Eine Folge davon könnte sein, dass Mitte-Links im Nationalrat keine gesicherte Mehrheit mehr hat. Zünglein an der Waage könnte die CVP spielen.
Migration dominiert Wahlkampf
Als drängendstes Problem empfinden die Wahlwilligen mit grossem Abstand die Migrationsthematik. Dies hat sich verglichen zum vorangehenden Wahlbarometer noch verstärkt. «Noch nie waren die Erwartungen an einen Wahlkampf in den letzten 20 Jahren so monothematisch wie diesmal», heisst es dazu.
Abgeschlagen auf der Problemhitliste folgen die bilateralen Verträge mit der EU, die Arbeitslosigkeit, die soziale Sicherheit und Krankenversicherungen. Während die SVP bei der Migrationsproblematik als besonders kompetent wahrgenommen wird, kann die FDP den Lead bei der Europafrage beanspruchen. Der SP trauen die Wahlwilligen bei der sozialen Sicherheit am ehesten Lösungen zu.
Die Grünen könnten zwar beim Kernthema Umwelt mit Kompetenz punkten. Allerdings sind die Energiewende und Umweltfragen erstmals nicht mehr in den Top-Fünf-Problemen vertreten.
Status quo im Bundesrat
Rund drei Wochen vor dem Wahltag wurden die Wahlwilligen auch nach ihrer Präferenz für die künftige Zusammensetzung des Bundesrats gefragt. Von fünf Möglichkeiten schneidet der Status quo mit 29 Prozent Zustimmung am besten ab, wie dem Wahlbarometer zu entnehmen ist. Diese Variante ist vor allem bei BDP-, SP-, und CVP-Wählenden aber auch bei Unabhängigen beliebt.
21 Prozent der Wahlwilligen würden einen Sitztausch zwischen BDP und SVP bevorzugen. Dies ist vor allem bei SVP-Wählern populär. Die FDP-Basis ist gespalten: Etwa gleich viele FDP-Sympathisanten sprechen sich jeweils für den Status quo oder für den zweiten Sitz für die SVP aus. Rund 15 Prozent aller Befragten wünschten sich stattdessen eher einen zweiten Sitz für die CVP.
Für das Wahlbarometer wurden zwischen 23. und 30. September insgesamt 2011 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte in der ganzen Schweiz befragt. Die Interviews fanden somit zu Beginn der entscheidenden Phase mit der Schlussmobilisierung statt, wie gfs.bern festhält.
Prognosen vor vier Jahren falsch
Ende September hätten sich 49 Prozent der Wahlberechtigten an den nationalen Wahlen beteiligt, in etwa gleich viele, wie 2011 tatsächlich an die Urnen gingen. Dieses Jahr besonders mobilisiert wurden gemäss gfs.bern untere Bildungsschichten und Männer. Bei den Frauen ist die Beteiligungsbereitschaft rückläufig.
Mit seinen Wahlprognosen lag gfs.bern nicht immer richtig. Vor vier Jahren sagte das Institut der SVP einen Wahlsieg voraus, am Wahlsonntag trug die Partei dann jedoch eine Schlappe davon.
Einige Polit-Experten betrachten die Prognosen denn auch mit Skepsis, da die Veränderungen der Parteistärke häufig in einem Fehlerbereich liege. So kritisierte der Politologe Georg Lutz unlängst in der TagesWoche, die SRG-Wahl-Umfrage gebe «kaum Hinweise auf mögliche Veränderungen».