Die Behörden Libanons haben mit dem Bau einer Mauer um das grösste palästinensische Flüchtlingslager im Land Empörung bei Palästinensern ausgelöst. Die libanesischen Behörden sehen das überbevölkerte und von Armut geprägte Lager als Rückzugsort für radikale Muslime.
Sie wollen mit der Mauer die Sicherheit im Lager Ain al-Hilweh nahe der südlichen Hafenstadt Sidon erhöhen, wie ein libanesischer Militärvertreter am Montag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Ein Vertreter des Flüchtlingslagers, Fuad Othman, nannte die Mauer dagegen eine «Provokation».
Auch der Chef der palästinensischen Sicherheitskräfte im Libanon, Munir al-Makdah, kritisierte den Bau. Die Mauer bedeute für die Bewohner «psychologischen Druck». «Wir bräuchten keine Absperrungen und Wachtürme, wenn die libanesische Regierung schon längst eine Lösung für die Präsenz der Palästinenser im Land gefunden hätte», sagte er.
«Flüchtige Terroristen» im Lager gefasst
Ziel sei es, «das Eindringen von Terroristen» in das Lager Ain al-Hilweh zu verhindern, argumentierte der Militärvertreter, der ungenannt bleiben wollte. Es handle sich um eine Sicherheitsmassnahme, nachdem «flüchtige Terroristen», die in dem Lager Zuflucht gesucht hätten, festgenommen worden seien.
Im Internet wurden Fotos veröffentlicht, auf denen zu sehen war, wie an der Westseite des Komplexes eine Mauer und ein Wachturm errichtet wurden. Nutzer sozialer Netzwerke zogen einen Vergleich mit der Sperranlage, die Israel ab 2002 an der Grenze zum besetzten Westjordanland errichtet hatte.
Keinen Zugang für Armee
Viele palästinensische Familien leben seit Jahrzehnten als Flüchtlinge in Libanon, andere kamen aufgrund des Bürgerkriegs im benachbarten Syrien. Die libanesische Armee hat gemäss einer Vereinbarung keinen Zutritt zu palästinensischen Flüchtlingslagern, darf aber vor den Toren Position beziehen. Die Palästinenser sind somit selbst für die Sicherheit in den Flüchtlingsquartieren zuständig. In Ain al-Hilweh leben nach UNO-Angaben mehr als 61’000 palästinensische Flüchtlinge, darunter 6000, die aus Syrien flohen.