Libysche Abgeordnete wählen Parlamentspräsidenten

Das neue libysche Parlament hat sich auf einen neuen Parlamentspräsidenten einigen können. Gewählt wurde Akila Saleh Issa. Nach Angaben der unabhängigen Internetseite Al-Wasat vom frühen Dienstagmorgen konnte er 77 der 158 Abgeordneten hinter sich bringen.

Rauch über Tripolis: Deshalb tagt das Parlament in Torbuk (Archiv) (Bild: sda)

Das neue libysche Parlament hat sich auf einen neuen Parlamentspräsidenten einigen können. Gewählt wurde Akila Saleh Issa. Nach Angaben der unabhängigen Internetseite Al-Wasat vom frühen Dienstagmorgen konnte er 77 der 158 Abgeordneten hinter sich bringen.

Für seinen Rivalen Abu Bakr Baira stimmten 74 Parlamentarier. In Tobruk im Osten des Landes waren am Montag 158 von insgesamt 188 Abgeordneten zur Vereidigungszeremonie zusammengekommen, wie libysche Medien berichteten. Dorthin war die Sitzung wegen der unsicheren Lage in Tripolis und Bengasi verlegt worden.

Die wichtigste Aufgabe der Abgeordneten wird es sein, das Krisenland wieder auf den demokratischen Weg zu bringen: Eine Verfassung muss geschrieben und Übergangsinstitutionen – wie die Regierung – müssen durch reguläre ersetzt werden. Das vorige Parlament war daran gescheitert und unzählige Male von bewaffneten Gruppen gestürmt worden.

Unterstützung von UNO und EU

Die UNO-Mission in Libyen (UNSMIL) begrüsste die Bildung eines neuen Parlaments in dem Krisenland. Sie erklärte am Montag: «Dieser Schritt zeigt, dass das libysche Volk darauf besteht, einen Staat auf Grundlage von Recht und Gesetz sowie auf der Basis der Achtung der Menschenrechte aufzubauen.» Vor drei Wochen hatte die UNO-Mission ihre Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen abgezogen.

Ein Sprecher der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton sprach von einem «sehr wichtigen Schritt», um den Übergang Libyens zur Demokratie wieder anzugehen. Die Europäische Union ermutige das Parlament, seine Aufgaben im Geiste der Integration, der Moderation und im Interesse des Landes zu verrichten.

Leere Plätze

Zu Beginn der Sitzung zeigten sich die Abgeordneten optimistisch. «Wir werden der Welt beweisen, dass Libyen kein gescheiterter Staat ist», sagte der Parlamentarier Abu Bakr Baira zu Beginn der zum Teil im Fernsehen übertragenen Sitzung. Libyens Parlament hat eigentlich 200 Sitze.

Wegen der Unsicherheit war bei der Abstimmung im Juni in einigen Wahlbezirken – beispielsweise in Derna – jedoch nicht gewählt worden. Somit haben laut Zeitung «Al-Wasat» bislang nur 188 Abgeordnete ein Mandat erhalten.

Nach Informationen der Zeitung «Libya Herald» blieben vor allem Anhänger des islamistischen Blocks, der im vorigen Parlament die stärkste Fraktion stellte, der Sitzung fern. Unterstützer des nun ausgeschiedenen Parlamentspräsidenten Nuri Abu Sahmain hatten demnach erfolglos versucht durchzusetzen, dass die Übergabe der Legislativmacht in Tripolis geschieht.

Kräfteverhältnisse noch unklar

Bei der Wahl des neuen Parlaments durften nur unabhängige Kandidaten antreten. Parteilisten waren nicht erlaubt. Deshalb wird sich erst nach der Bildung von Fraktionen genau zeigen, welche politische Strömung wie stark vertreten ist. Diese Regelung sollte Auseinandersetzungen während der Abstimmung vermindern.

In Libyen kommt es immer wieder zu Kämpfen rivalisierender Milizen. Dabei handelt es sich um ehemalige Revolutionsbrigaden, die sich nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi vor drei Jahren geweigert haben, ihre Waffen abzugeben.

Die meisten Botschaften haben ihr ausländisches Personal aus dem Krisenland abgezogen, auch die Schweiz. Es ist erst das zweite Parlament in Libyens Geschichte, das nun gesetzgeberisch tätig wird.

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