Lichtspiele: Reise-Lek-Türen

Bei langen Reisen in die Welt eines Buches eintauchen – das wäre eigentlich wunderbar. Noch fehlt aber die nötige Erfindung gegen all die Störfaktoren, die den Weg ins Innere versperren.

Auf langen Reisen kann man lange lesen – selten aber ungestört. (Bild: Keystone/URS FLUEELER)

Bei langen Reisen in die Welt eines Buches eintauchen – das wäre eigentlich wunderbar. Noch fehlt aber die nötige Erfindung gegen all die Störfaktoren, die den Weg ins Innere versperren.

Welches ist die geeignete Reiselektüre? Nach Wengen empfiehlt sich die NZZ. Die BaZ verkürzt eine Fahrt nach Sissach bis um die Hälfte. Nichts eignet sich besser für eine Trämlifahrt im Stehen als «20 Minuten». Wer eine Rolltreppenreise macht, schnappt sich am besten den «Blick am Abend». Für längere Reisen eignet sich die grossformatige «Zeit» vorzüglich.

Mit der «Zeit» vergehen selbst Stunden im Flug. Allerdings sollte man (z.B. im Flug) eine ganze Sitzreihe für sich haben, will man nicht mit der Zeit Nachbarn belästigen. Eher empfiehlt sich für lange Reisen das Buch.

Störende Ablenkung

Wer nun in Hörweite von Chatterinnen ein wunderbares Kindle lesen will, merkt bald, dass auch ein geeigneter Lesespass getrübt werden kann. Mobiltelefone! Sie stören! Vor allem, wenn andere sie benützen. Wie oft wünscht man doch Mobiltelefonierern einen Schliessmuskel ums Maul! Oder wenigstens sich selber einen ins Ohr? (Warum präsentieren die Gentechniker uns nicht schon längst das Gen für ein Ohrenlid, anstatt dauernd nur Maiskolben zu kopieren?)

Kopfhörer erfüllen bis dahin die Funktion des Ohrenlides – allerdings ungenügend. Ihrem Namen gemäss machen nämlich Kopf-Hörer die Ohren nicht dicht, sondern lassen uns Dinge hören, die wir wollen. Aber hilft uns das beim Lesen weiter, wenn uns unsere Lieblingsmusik haupt(!)sächlich dann ins Ohr plärrt, wenn wir eigentlich die Stille im Kopf bräuchten – um in Ruhe zu lesen?

Hoffen auf neue Technologie

Bleibt das Hörbuch für unterwegs. Jedoch: Stören dann nicht die Bilder? Wer will schon mit heissen Intimteilen aus «Shades of Grey» im Ohr einen überfüllten ICE sehen? Oder den «Mann ohne Eigenschaften» in Flip-Flops neben sich sitzen haben? Die Lösung für Ganzkörper-Zerstreuung wird erst die Videobrille bringen: Mit ihr auf der Nase werden wir ungeniert Augen und Ohren offen lassen und nach innen reisen. Genau wie im Kino. Dort ist die Reise zu anderen wie zu uns selbst nahezu ungestört.

Nächster Artikel