Der Bund will Privatradios in städtischen Agglomerationen mehr Autonomie gewähren und sie ab 2020 von der Konzessionspflicht befreien. Auf Kritik stossen diese Pläne ausgerechnet bei den Betroffenen selbst. Sie warnen vor gravierenden Folgen für die Radiolandschaft.
Die lokalen Radiostationen in Agglomerationen sollen künftig ihre Programme nach Belieben zusammenstellen können. Auch sollen sie die bestmöglichen Strategien wählen dürfen, um ihr Zielpublikum zu erreichen.
Von der neuen Autonomie profitieren würden jene 21 Stationen, die bisher keine Gebührengelder erhalten haben. Die bisherigen Versorgungsgebiete werden aufgehoben. Das sieht ein Entwurf für eine Gesetzesrevision des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) vor, der bis am Freitag in der Vernehmlassung ist.
Digitalisierung macht Konzession obsolet
Das Bakom argumentiert, dass nur die beschränkte Zahl der Frequenzen die Konzessionierung in der Vergangenheit nötig gemacht habe. Diese Begründung falle mit der Digitalisierung weg. Die betroffenen Regionen verfügen nach Ansicht des Bundes bereits heute über ein breites publizistisches Angebot, das mit dem Wegfall der einforderbaren Leistungsaufträge nicht gefährdet werde.
Mit dem Revisionsprojekt will der Bund auch die Rechtsgrundlagen schaffen, um die digitale Migration durchzuführen. DAB+ wird demnach ab 2020 zur primären Verbreitungsart beim Radio bestimmt. Bis Ende 2019 soll UKW noch primäre Radio-Verbreitungstechnologie bleiben.
Harsche Kritik der Privatradios
Bei den Betroffenen kommen die Pläne des Bundes gar nicht gut an. Die Folgen für die Radios ohne Gebührengelder seien gravierend, kritisieren der Verband Schweizer Privatradios (VSP) und die Union Radios Régionales Romandes (RRR) in ihren Stellungnahmen.
Aus ihrer Sicht droht eine «geteilte Privatradiolandschaft». Auch bestehe die Gefahr, dass die Hälfte der Kantone nicht mehr über ein eigenes Privatradio mit entsprechendem «Service public régional» verfügen würde. Im Gegenzug würde die SRG ihre Regionaljournale ausbauen.
Die Radios befürchten, dass mit der Umstellung auf DAB+ nur noch konzessionierte Radios ein gesetzliches Zugangsrecht zur Verbreitung hätten und die Radios ohne Konzession auf der Strecke blieben. Grund dafür sei, dass bei DAB+ die Radios nicht mehr selbst ihre Inhalte verbreiteten, sondern mittels einer externen, privaten Plattform.
Rechts- und Investitionsunsicherheit
Zwar versichere das Bakom, dass es sich dafür einsetzen werde, diese Absicherung in den künftigen Vorgaben für die Plattformbetreiber einzufordern. Dafür bestehe aber vorderhand keine «gesetzliche Grundlage», kritisiert der VSP. Privatradios drohe die Gefahr, ihren Sendeplatz an einen anderen Anbieter zu verlieren, weil dieser bereit sei, einen höheren Preis für die Vertreibung seines Programmes zu bezahlen.
Diesen Aspekt hebt auch die FDP in ihrer Stellungnahme hervor. Aus dieser ungeklärten Situation resultiere für alle beteiligten Akteure «in einer existenziellen Frage» eine Rechts- und Investitionsunsicherheit. Es müsse eine Zweiklassen-Radiolandschaft verhindert werden, die der Grundidee einer flächendeckenden Grundversorgung mit regionalen Radio- und Fernsehprogrammen widerspreche.
Grundsätzliche Kritik äussert die SP. Es sei zwar begrüssenswert, dass der Bund mit digitalen Übertragungsformen auf eine möglichst breite Kommunikation abziele. Aus demokratischer und staatspolitischer Sicht brauche es jedoch gewisse medienpolitische Auflagen. Dazu zähle die lokale Veranstalterkonzession mit Leistungsaufträgen.