Lokführer müssen nachts an den Endstationen die letzten Passagiere wecken und aus den Regionalzügen werfen. Weil viele betrunken und aggressiv seien, fordert der schweizerische Lokführerverband Zweierpatrouillen. Und er kritisiert die SBB.
„Speziell Freitag- und Samstagnacht sind viele Passagiere betrunken oder stehen unter Drogen“, sagte Hubert Giger, Präsident des Verbands Schweizer Lokomotivführer, im Interview mit dem „Migros-Magazin“. Diese Passagiere seien oft aggressiv und völlig unberechenbar.
Das Problem: Seit in den Regionalzügen die Zugbegleiter abgeschafft wurden, muss der Lokführer laut Giger am Schluss des Dienstes eine „technische Kontrolle“ vornehmen und dafür sorgen, dass die Züge leer sind. Dabei sei er alleine und müsse nicht selten an den Endstationen Leute wecken.
In solchen Situationen wisse man nicht, was auf einen zukomme, sagte Giger. Das Risiko sei unkalkulierbar. „Darum sind wir nicht mehr länger bereit, diese Aufgabe alleine zu bewältigen und fordern schon seit Längerem von den SBB, dass man zu zwei patrouilliert.“ Bisher ohne Erfolg. Die SBB sei „nicht einmal bereit anzuerkennen, dass dies eigentlich nicht die Aufgabe des Lokführers wäre“.
Giger hält das Phänomen für ein gesamtschweizerisches. Ob in Basel, Ziegelbrücke, Genf oder La-Chaux-de-Fonds – die Lokführer seien in allen Regionalzügen damit konfrontiert. Besser sei die Lage in den Fernverkehrszügen, wo das Zugpersonal ab 21 Uhr immer zu zweit kontrolliere.
Der Lokführerverband bietet – als „Versuchsballon“, wie es Hubert Giger nennt – in Zürich Selbstverteidigungskurse an. Dort sollen die Lokführer unter anderem lernen, wie man sich mit einfachsten Hilfsmitteln aus misslichen Situationen befreit, ohne sich selber oder den Angreifer zu verletzen.
Zahlen zu Übergriffen auf Lokführer hat der Verband keine.