Derzeit ist «The Substance» im Kino zu sehen, ein Schweizer Dokumentarfilm über die Geschichte von LSD. Das inspiriert uns an dieser Stelle zu einem Trip in die Vergangenheit: Sieben Soundtracks für Flashbacks – von den britischen Beatles bis zum Basler Brainticket.
Im kult.kino Camera in Basel und im Sputnik Liestal ist derzeit «The Substance» zu sehen. Der Schweizer Dokumentarfilm von Martin Hitz erzählt die Geschichte von LSD. Was uns animiert, in unserem «Listomania»-Blog an trippige Songs zu erinnern. Einige prominente Namen werden Sie vermissen: The Doors, Iron Butterfly, King Crimson oder George Clinton zum Beispiel. Man kann nicht alles haben – auch wenn das Thema zum Abdriften animiert: Wir wollen uns wie immer auf die magische 7 beschränken.
1. The Beatles: «Lucy In The Sky With Diamonds» (1967)
LSD und Musik, da fällt dem Pop-Fan natürlich zuallererst «Lucy In The Sky With Diamonds» von den Beatles ein. Als das Lied auf «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band» erschien, war sich die Öffentlichkeit einig: Hier handelte es sich um eine Hommage an Hofmanns Substanz. Die Beatles selbst dementierten hartnäckig. John Lennon, der den Song schrieb, betonte immer wieder, dass ihn eine abstrakte Zeichnung seines dreijährigen Sohns Julian zum merkwürdig-psychedelischen Lied inspiriert hatte. «Wir wussten gar nicht, dass im Liedtitel die Initialen von LSD versteckt waren, bis man uns darauf hinwies. Dass das purer Zufall war, wollte uns fortan niemand mehr glauben», sagte Lennon. Schon klar – das kann er meiner Grossmutter erzählen, dieser Schlingel! Wie kam er dann auf die kaleidoskopischen Augen, die er im Lied besingt («a girl with caleidoscope eyes»)? Und was sollen die Bilder zum Song in diesem Video? Und warum gab Paul McCartney vor laufenden TV-Kameras zu, dass die Band während der Aufnahmen dieses Albums LSD-Erfahrungen gemacht hatte? Eben. Das Gerücht besagt übrigens, dass sich die Fab 4 schon bei «Day Tripper» von LSD inspirieren liessen – zumindest inhaltlich. Noch weitaus psychedelischer sind aber «Tomorrow Never Knows» und «I Am The Walrus».
2. Jefferson Airplane: «White Rabbit» (1967)
Die vielleicht packendste Vertonung einer LSD-Erfahrung lieferten Jefferson Airplane. Die Band prägte den Soundtrack des «Summer Of Love» massgeblich mit, lebte als Kommune im damaligen Hippie-Mekka San Francisco. Und experimentierte fröhlich mit Substanzen, was Sängerin Grace Slick bereits 1966 zu diesem Lied inspirierte. So will es die Legende, dass sie einen Trip schmiss, sich stundenlang Miles Davis’ Album «Sketches Of Spain» anhörte und daraufhin diesen Song, der rhythmisch an Maurice Ravels «Bolero» erinnert, schrieb. «White Rabbit», der weisse Hase, ist übrigens eine Hommage an Lewis Carrolls Märchenklassiker «Alice im Wunderland». Darin glaubte Grace Slick zahlreiche Referenzen an Drogentrips zu erkennen. So singt sie im Lied auch von «Mushrooms» und fordert am Ende wiederholt: «Feed your head». Alles klar.
3. Pink Floyd: «Astronomy Domine» (1967)
Die junge britische Band Pink Floyd veröffentlichte 1967 ihr Debütalbum «The Pipers At The Gates Of Dawn». Allein der Albumtitel klingt ziemlich abgefahren. So auch das Stück «Astronomy Domine», das, wie der beiliegende Clip zeigt, längst nicht von allen Musikjournalisten sogleich gefeiert wurde, weil: zu abgefahren. Geschrieben hat das galaktische Stück Syd Barrett. Er ging später als traurigstes LSD-Opfer in die Rockgeschichte ein. Sein Konsum wurde zunehmend unkontrollierter, sodass er aus der Band geschmissen und durch David Gilmour ersetzt wurde. Barrett machte zwar zunächst noch solo weiter («The Madcap Laughs»), zog dann aber zurück zu Mutter und blieb bis zu seinem Tod ziemlich umnachtet. Barretts Schicksal liess seine alten Bandkumpels nicht in Ruhe und inspirierte sie zu zahlreichen Songs – namentlich «Shine On You Crazy Diamond».
4. 5th Dimension: «Aquarius/Let The Sunshine In» (1969)
Wow, was müssen im Jahr 1967 Trips geschmissen worden sein. Denn auch unser vierter Backflash landet in diesem substanziellen Rockjahr. Damals feierte das Musical «Hair» Premiere und wurde zum erfolgreichsten Bühnenstück der Hippie-Generation. 1969 koppelte die 5th Dimension ein Medley zweier Songs als Single aus. Diese brachte das Lebensgefühl auf den Punkt: Man glaubte daran, dass ein neues Zeitalter anbrechen würde («The Age Of Aquarius») und tanzte dazu blutfuss, langhaarig und vorzugsweise nackig über die Wiesen. Und jetzt alle zusammen: «Let The Sunshine In»!
5. Jimi Hendrix: «Purple Haze»
Diese seltsame Stimme im Hintergrund: Es würde uns nicht erstaunen, wenn Hendrix damit seine Ich-Auflösung andeuten wollte. Tatsache ist, dass der begnadete Sänger und Gitarrist den Drogen nicht abgeneigt war und wie fast alle Rockmusiker seiner Zeit LSD-Erfahrungen machte. Tatsache ist auch, dass «Purple Haze» als Slangbezeichnung für LSD verwendet wurde. Weil die Basler Chemiefirma Sandoz die Substanz in violetten Kapseln verkaufte.
6. Brainticket: «Black Sand» (1971)
1971 erschien «Cottonwoodhill» der in Basel stationierten Band Brainticket. Auf dem Plattenumschlag warnte das Kollektiv, dass bei zu häufigem Anhören das Gehirn zerstört werden könnte. Das Online-Musiklexikon All Music Guide feiert das Debütalbum als «eine der trippigsten Platten, die je produziert wurde.» LSD habe die Plattenproduktion sicher mitbeeinflusst, bestätigte mir Bandleader Joel Vandroogenbroeck 2009. Für «Black Sand» schlaufte er seine Stimme durch einen Leslieverstärker und wiederholte Wörter wie «Purple Snake» (schon wieder violett, erkenne die Signale!). Dieser Song geniesst wie das gesamte Album bei Krautrock- und Psychedelik-Rockfans Kultstatus. Womit man sagen kann, dass die Basler Entdeckung ein Stück weit auch einer Basler Formation zu Ruhm und Ehre verholfen hat.
7. Talking Heads: «And She Was» (1985)
David Byrne schrieb dieses Lied, als er sich an ein Mädchen erinnerte, das auf einem Feld neben einer Fabrik jeweils Kopfreisen absolvierte – mit Hilfe von LSD. Das erklärt auch Songzeilen wie «Now she’s starting to rise. Take a minute to concentrate and she opens up her eyes. The world was moving.» Das mündet in den Refrain, worin er wiederholt, dass sie abhob, davonschwebte und einfach war. «And She Was». «High» möchte man hinzufügen. Aber das erklärt sich ja von selbst, weshalb Byrne, clever wie er ist, auf den Wink mit dem Zaunpfahl verzichtet hat.