Mit Luca Aerni und Mauro Caviezel holen zwei Athleten die Schweizer Medaillen 5 und 6 an der Heim-WM in St. Moritz, die vor der Kombination der Männer kaum jemand auf der Rechnung hatte.
Justin Murisier oder Carlo Janka hiessen die grössten Schweizer Hoffnungsträger vor der Kombination, in der die Athleten von Swiss Ski nur als Aussenseiter im Kampf um die Medaillen galten. Am Ende schwangen Weltmeister Luca Aerni und der drittplatzierte Mauro Caviezel obenaus und sorgten dafür, dass die Schweizer Ski-Festspiele an den Heim-Weltmeisterschaften im Engadin auch am Montag ihre Fortsetzung fanden.
Der Mann des Tages war Luca Aerni, der die Gunst der Stunde nutzte und als Dreissigster der Abfahrt mit Startnummer 1 im Slalom einen Traumlauf in den Schnee zauberte. Spätestens als kurz danach Marcel Hirscher die Marke Aernis um eine Hundertstelsekunde verpasste, war klar, dass dem 23-jährigen Berner etwas Aussergewöhnliches gelungen war.
Aerni hatte sich nach der Abfahrt trotz des Rückstands von 2,61 Sekunden aufgrund der Ausgangslage durchaus Chancen auf einen Spitzenplatz ausgerechnet. Er erinnerte sich an Hirscher, der 2015 in Vail/Beaver Creek in der Kombination ebenfalls als Dreissigster der Abfahrt in die Entscheidung gestartet war – und am Ende triumphierte.
Das lange Warten im Zielraum nach getaner Arbeit forderte den Slalom-Spezialisten fast noch mehr als die Arbeit auf der Piste. «Ich habe gezittert und gebangt. So nervös war ich zuvor noch nie in meinem Leben gewesen», sagte Aerni, der Slalom-Zweite der Junioren-WM 2014. Ein erstes Mal aufatmen konnte er, als die Medaille unter Dach und Fach war. Der ganz grosse Jubel brach aber erst nach der Zieldurchfahrt Romed Baumanns, dem Führenden nach der Abfahrt, aus.
Der Triumph Aernis hatte sich im Vorfeld nicht angekündigt. Erst als letzter Schweizer war er am Sonntag für das Rennen überhaupt nominiert worden. Nach einem starken Saisonbeginn mit mehreren Top-Ten-Plätzen – zudem verpasste er im Slalom von Madonna di Campiglio seinen ersten Weltcup-Podestplatz nur aufgrund eines Ausfalls kurz vor Ende des zweiten Laufs -, schlitterte Aerni im Januar in eine Krise.
Im Slalom von Adelboden, Wengen und Kitzbühel schied der Berner jeweils bereits im ersten Lauf aus, in Schladming erreichte er nur Rang 23. Als Medaillenanwärter hatte ihn bei den Weltmeisterschaften niemand auf der Rechnung. Auch deshalb konnte Aerni seinen Triumph kurz nach dem Sieg noch kaum realisieren: «Es ist unglaublich. Ich kann es nicht beschreiben.»
Mauro Caviezel: Entschädigung für vieles
Überglücklich zeigte sich auch Mauro Caviezel, der wie Aerni im Weltcup noch nie auf dem Podest gestanden ist. «Dieser Erfolg tut sehr gut», sagte der 28-Jährige aus Lenzerheide. Am Ende fehlten dem Speed-Spezialisten nach einer sehr starken Slalom-Leistung sogar nur sechs Hundertstelsekunden zum ganz grossen Coup.
Immer wieder war Caviezel in seiner Karriere von Verletzungen gestoppt worden. Die Saison 2015/16 hatte der ältere Bruder von Gino Caviezel wegen eines Wadenbeinbruchs komplett verpasst. Im vergangenen Frühjahr zog er sich bei einem Sturz im Training eine Knieverletzung zu, und Ende August musste er sich nach einem weiteren Malheur einer Operation an der Hand unterziehen.
Caviezel steckte den Kopf aber nicht in den Sand und kämpfte sich wieder heran. In Santa Caterina kurz vor dem Jahreswechsel liess er mit Rang 7 im Super-G und Rang 8 in der Kombination aufhorchen. In St. Moritz holte der Bündner nun zum grossen Schlag aus. «Die Medaille bestätigt mir: Irgendwann kommt im Leben alles zurück.»