Am ersten Streiktag der Lufthansa-Piloten ging an deutschen Flughäfen fast gar nichts mehr. Chaos blieb aber aus. Eine Lösung des Konflikts um üppige Übergangsrenten ist nicht in Sicht.
Mit dem härtesten Streik der Unternehmensgeschichte haben die Piloten den Betrieb der Lufthansa weitgehend lahmgelegt. Der am Mittwoch begonnene Ausstand der rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten war an allen deutschen Flughäfen spürbar und sollte bis Freitag andauern.
Lufthansa hat für diese Zeit rund 3800 Flüge mit 425’000 Passagieren abgesagt und konnte zunächst nur vereinzelte Flüge starten. In den Terminals der Drehkreuze Frankfurt und München wie auch an anderen Flughäfen herrschte kaum Betrieb, weil die meisten Passagiere rechtzeitig informiert worden waren.
Allein am Drehkreuz Frankfurt seien 43 Maschinen am Boden geblieben. „Wir halten das Drehkreuz kontrolliert an, um die Streikauswirkungen möglichst nur auf die drei Streiktage zu beschränken“, sagte der Leiter des Lufthansa-Krisenzentrums, Werner Knorr. Im Ausland seien 112 Flieger nicht gestartet.
Schweiz auch betroffen
Unter anderem auch in der Schweiz. Am Flughafen Zürich mussten für den (heutigen) Mittwoch 36 Flüge annulliert werden. Betroffen sind Verbindungen nach Düsseldorf, München, Frankfurt, Hamburg und Köln. Gemäss eines Flughafensprechers fallen am zweiten Streiktag, am Donnerstag, voraussichtlich 22 Flüge aus und am Freitag, dem letzten Streiktag, noch deren 20.
Am Flughafen Basel-Mülhausen wurden je drei Hin- und Rückflüge zwischen dem EuroAirport und Frankfurt gestrichen, wie es beim Flughafen auf Anfrage hiess. Für Donnerstag sei zudem bisher eine Annullation bekannt. In Genf wurden am Mittwoch insgesamt 10 Flüge annulliert.
Freiwillige Piloten
Lufthansa kann für die Streiktage nur etwa 500 Verbindungen mit Jets nicht bestreikter Tochterfirmen anbieten. Diese fänden wie geplant statt. Die Lufthansa-Tochter Swiss etwa wird vereinzelt grössere Maschinen einsetzen. Aufgrund der höheren Kapazität können Passagiere aufgenommen werden, die sonst gestrandet wären.
Zwischen 80 und 100 freiwillige Piloten seien zudem bei Lufthansa im Einsatz, sagte Knorr. Hinzu kämen noch einige Manager mit Pilotenschein, von denen es im Unternehmen rund 100 gibt. Der designierte Vorstandschef und Airbus-Pilot Carsten Spohr setzte sich am Mittwoch nicht selbst ans Steuer, wie das Unternehmen berichtete.
Auch bei der Tochtergesellschaft Germanwings fallen mehr als die Hälfte der 1332 geplanten Flüge aus. Der verbleibende Rest wird von der nicht bestreikten Gesellschaft Eurowings geflogen. Die Piloten der Swiss machen beim Streik nicht mit, da sie andere Verträge haben als ihre Deutschen Kollegen.
Den wirtschaftlichen Schaden des bislang beispiellosen Ausstands bezifferte der Lufthansa-Konzern auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.
Piloten verlangen neues Angebot
Das Unternehmen wie auch die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) rechneten am ersten Streiktag nicht mit einer schnellen Einigung. Konzernsprecherin Barbara Schädler bekräftigte noch einmal die Gesprächsbereitschaft der Lufthansa. „Wir glauben, dass wir Angebote vorgelegt haben, auf deren Basis man miteinander sprechen kann“.
Die streikenden Piloten verlangten ein neues Angebot der Konzernleitung. VC-Sprecher Markus Wahl sprach von einer „Mogelpackung“: „Nach aussen hin gibt sich Lufthansa gesprächsbereit.“ Die Angebote seien aber immer die gleichen.
Die Gewerkschaft hatte die rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten zum Streik aufgerufen, der um Mitternacht begann. Anlass der Aktion sind die von Lufthansa einseitig gekündigten Übergangsrenten, die den Piloten bislang ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf ermöglichten. Ausserdem fordern die Piloten ein Gehaltsplus von 10 Prozent. Am Vormittag demonstrierten mehrere hundert Piloten am Frankfurter Flughafen für ihre Anliegen.
VC-Präsident Ilja Schulz begründete den Kampf für die Übergangsrenten mit Sicherheitsüberlegungen. Ältere Piloten dürften nicht gegen ihren Willen zum Fliegen gezwungen werden und sollten weiterhin selbst über den Zeitpunkt ihres Ausscheidens entscheiden. Die Lufthansa sieht hingegen kein erhöhtes Sicherheitsrisiko durch den Einsatz älterer Piloten. Die Qualifikation der Piloten sei „extrem hoch“, ihre Leistung werde regelmässig überprüft, erklärte Chef-Pilot Knorr.