Der Luzerner Polizeikommandant Adi Achermann und Kripochef Daniel Bussmann dürfen keine heiklen Einsätze mehr leiten. Diese Einschränkung ist eine Konsequenz eines Polizeieinsatzes in Malters LU vom März. Bei diesem hatte sich eine Frau bei einer Razzia erschossen.
Unter heiklen Einsätze seien insbesondere polizeiliche Interventionen zu verstehen, bei denen möglicherweise Leib und Leben von Beteiligten und unbeteiligten Dritten gefährdet seien, teilte der Luzerner Polizeidirektor Paul Winiker am Donnerstag mit.
Diese vorsorgliche Massnahme wurde laut Winiker bereits im April – direkt nach der Intervention – im Sinne einer persönlichen Abmachung vereinbart. Mit seiner Verfügung bestätige Winiker diese Massnahme nun auch formell, heisst es in der Medienmitteilung. Winiker verkündete diese vorübergehende Entbindung am Donnerstag auch in einer Videobotschaft an die Bevölkerung.
Mit diesem Entscheid stützt sich der Luzerner Polizeidirektor auf die Einschätzungen des externen Gutachters Hanspeter Uster. Ende August hatte Winiker den Zuger Juristen und alt Regierungsrat um eine Einschätzung gebeten, ob im Fall Malters vorsorgliche Personalmassnahmen zu treffen seien.
Keine Suspendierung
Von einer Suspendierung der beiden Kaderleute sieht der Polizeidirektor jedoch ab: Einerseits halte die Schweizer Strafprozessordnung fest, dass jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gelte. Eine Suspendierung könnte potenziell den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzen. «Dies wäre eine massive Einschränkung in der Funktion und könnte als Vorverurteilung wahrgenommen werden», heisst es.
Andererseits hätte eine Entbindung bis zum rechtskräftigen Abschluss zur Folge, dass beide Kaderleute der Luzerner Polizei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht mehr in ihrer Funktion tätig sein könnten. «Zum heutigen Zeitpunkt liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die eine derart einschneidende Massnahme rechtfertigen würden», heisst es weiter.
Angeschuldigte akzeptieren Massnahmen
Die beiden Angeschuldigten hätten die Verfügung der vorsorglichen Massnahmen akzeptiert, heisst es weiter. Sie tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und gilt bis zum Abschluss des eingeleiteten Strafverfahrens.
Beim umstrittenen Polizeieinsatz im März in Malters hatte sich eine 65-jährige Frau während 17 Stunden in einer Wohnung verschanzt und sich mit Waffengewalt gegen die Aushebung einer Hanfanlage ihres Sohnes gewehrt. Schliesslich stürmte die Polizei die Wohnung. Sie fand die Frau leblos im Badezimmer vor. Sie hatte sich selbst erschossen.
Der Sohn der Verstorbenen reichte darauf eine Anzeige gegen die Polizeispitze wegen Amtsmissbrauchs und fahrlässiger Tötung ein. Mit dem Verfahren wurde ein ausserkantonaler Staatsanwalt betraut.
Laut Medienberichten soll der Polizeikommandant Adi Achermann bei der besagten Intervention eine Warnung eines beim Einsatz ebenfalls vor Ort präsenten Polizeipsychologen ignoriert haben, das Gebäude zu stürmen.
Der Psychologe soll dem Kommandanten und seinem Kripochef Daniel Bussmann von einem Zugriff abgeraten haben, weil sich die Frau aufgrund von Reizüberflutung und Intervention das Leben nehmen könne. Die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF publizierte die Aussagen des Polizeipsychologen aus dem laufenden Verfahren.