Bei den Parlamentswahlen in Frankreich steuert die Partei von Präsident Emmanuel Macron Umfragen zufolge auf einen historischen Sieg zu. Eine neue Umfrage sieht eine deutliche Mehrheit der Sitze für die noch junge Partei «La République en Marche» (LREM).
Laut der am Dienstag veröffentlichten Umfrage von Ipsos Sopra-Steria könnte sich Macrons LREM im zweiten Wahlgang am 18. Juni bis zu 415 von 577 Sitzen sichern. Damit würde der 39-jährige Macron die grösste Mehrheit in der Nationalversammlung hinter sich scharen seit 1968.
Damals hatte Präsident Charles de Gaulle eine besonders grosse Zahl der Abgeordneten hinter sich bringen können. Macron würde eine so grosse Mehrheit die Durchsetzung seiner Wirtschaftsreformen erleichtern, die er mit Änderungen der vergleichsweise unflexiblen Arbeitsgesetze anstossen will.
Der Umfrage zufolge muss sich Macrons LREM in der ersten Runde am kommenden Sonntag noch mit 29,5 Prozent der Stimmen zufriedengeben, nachdem die Partei in Erhebungen vor einer Woche noch auf 31 Prozent zählen konnte.
Effekt Ferrand
Als Grund gilt Macrons Stadtplanungsminister und enger Vertrauter Richard Ferrand, gegen den wegen umstrittener Finanzgeschäfte Vorermittlungen eingeleitet wurden. Medien zufolge soll er unter anderem als Chef einer bretonischen Krankenversicherung Büroräume von seiner Partnerin angemietet haben.
Ferrand weist die Vorwürfe sowie Rücktrittsforderungen zurück. In der zweiten Wahlrunde dürfte sich die LREM dann klarer an die Spitze schieben.
Die konservativen Republikaner kommen nach der jüngsten Umfrage in der ersten Runde auf 23 Prozent. Der rechtsextreme Front National erhält 17 Prozent und die radikale Linke 12,5 Prozent. Die Sozialisten von Macrons Vorgänger Francois Hollande landen abgeschlagen bei 8,5 Prozent.
Macrons Partei im Ausland in Führung
Bei der Parlamentswahl in den Wahlkreisen der Auslandsfranzosen liegen Macrons Kandidatinnen und Kandidaten bereits deutlich in Führung. Im ersten Wahlgang errangen in 10 von 11 Wahlkreisen Kandidaten von LREM und der verbündeten MoDem-Partei den ersten Platz.
Dies gab das französische Aussenministerium am Dienstag bekannt. Die im Ausland lebenden Franzosen waren bereits am vergangenen Wochenende zur Stimmabgabe aufgerufen, eine Woche früher als der Rest ihrer Landsleute.
In den Auslandswahlkreisen werden elf der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt. Einer der Kandidaten von Macrons Bewegung ist Joachim Son-Forget. Bei der Wahl für den Sitz der Auslandsfranzosen in der Schweiz und Liechtenstein gewann Son-Forget mit fast 65 Prozent der Stimmen die erste Runde.
Die Entscheidung fällt in Stichwahlen am 17. oder 18. Juni. Für den neuen Präsidenten Macron geht es bei der Wahl um eine Mehrheit für seine Reformagenda. Die Ergebnisse der Auslandsfranzosen sind in der Regel nicht repräsentativ, bei der Präsidentenwahl hatte Macron bei ihnen viel besser abgeschnitten als insgesamt.