Mit zahlreichen Veranstaltungen haben die Bürger Dresdens der Zerstörung ihrer Stadt durch alliierte Bomber vor 71 Jahren und der rund 25’000 Opfer der Luftangriffe gedacht. Höhepunkt war eine Menschenkette, mit der rund 13’000 Bürger ein Zeichen für Toleranz setzten.
Unter dem Geläut der Kirchenglocken verband die Menschenkette am Samstagabend beide Seiten der Elbe. Dresden macht heute vor allem durch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung Schlagzeilen.
Pegida geht seit Oktober 2014 fast wöchentlich auf die Strasse und macht Stimmung gegen Muslime, Flüchtlinge, Politiker und Medien. Erst vor einer Woche hatte das antiislamische Bündnis mit bis zu 8000 Anhängern in Dresden demonstriert.
Jahrelang war das Gedenken an die Bombardierung Dresdens von Rechtsextremen für ihre Propaganda missbraucht worden. Zeitweise marschierten sie zu Tausenden durch die Stadt.
Auf dem Höhepunkt der rechten Aufmärsche hatten sich 2010 mehr als 6000 Neonazis in Dresden versammelt. Jahr für Jahr hatten sich aber auch tausende Gegendemonstranten mit Blockaden den Rechtsextremen entgegen gestellt.
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert forderte die Menschen am Samstagabend auf, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen. «Wer die Vergangenheit von vor über 70 Jahren von dem trennt, was wir heute in Teilen der Welt erleben, wer sein Herz gegenüber denjenigen verschliesst, die bei uns Schutz suchen, der hat die Botschaft des 13. Februars nicht verstanden», sagte er.
Hilbert hatte zusammen mit einem breiten Bündnis aus Kirchen, Institutionen, Vereinen und Initiativen zu der Menschenkette aufgerufen. Diese führte erstmals auch durch den Zwinger und über den Theaterplatz vor der Semperoper, der in den vergangenen Monaten häufig die Kulisse für Demonstrationen des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses bildete.
Spitzenpolitiker solidarisch
Auch Landtagspräsident Matthias Rössler, Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Innenminister Markus Ulbig reihten sich auf dem Theaterplatz ein.
Die Gedenkfeiern hatten am Vormittag mit Veranstaltungen an fünf verschiedenen Orten begonnen. Ein zentrales Gedenken der Stadt gab es diesmal nicht. Bei einer Kranzniederlegung auf dem St.-Pauli-Friedhof betonte Hilbert, dass bei dem Gedenken an die Opfer nicht vergessen werden dürfe, wer den Zweiten Weltkrieg herbeigeführt habe. Auf dem Friedhof liegen von Nazis ermordete Kinder osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen.
Gedenkveranstaltungen fanden unter anderem auch auf dem Heidefriedhof statt, wo viele der Bombenopfer begraben sind; ausserdem am Güterbahnhof Neustadt, von dem aus in der Zeit des Nationalsozialismus Juden deportiert wurden.
Einst Nazi-Hochburg
Dresden war eine Hochburg der Nationalsozialisten, die bei den Reichstagswahlen 1932 und 1933 in Sachsen besonders gut abgeschnitten hatten. In der Elbestadt fand die erste Bücherverbrennung und die erste Ausstellung über «entartete Kunst» statt.
Mit dem Gang an die Tatorte will das Bündnis Nazifrei einer Mythisierung Dresdens als unschuldige Opferstadt entgegenwirken.
Wie in den vergangenen Jahren versuchten auch diesmal Rechtsextreme, das Gedenken zu missbrauchen. Einem Neonazi-Aufmarsch in einem Plattenbauviertel am Stadtrand stellten sich am Freitagabend Hunderte Bürger mit lautem Protest entgegen. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei war seit Freitag mit neun Hundertschaften stark präsent.