Malenas Welt: ctrl Z

Die virtuelle Welt ist auch nicht besser als die echte.

Funktioniert nicht ganz so gut wie ­Photoshop, ist aber dafür echt: Anti-Age-Abdeckstift «Der Löscher» von Maybelline, lindert optisch ­Fältchen, grosse Poren, Pigment­flecken, Augenringe und Rötungen, etwa 20 Franken, in Drogerien und ­Parfümerien. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die virtuelle Welt ist auch nicht besser als die echte.

Computer waren der Menschheit von Beginn an suspekt – wer so viel Wissen speichern kann, macht sich schnell verdächtig. Gut, bisher haben sie die Weltherrschaft noch nicht übernommen, und sie sind nützlich, keine Frage. Andererseits arbeiten sie mit kriminellen Organisationen zusammen, bringen Kindern das Schiessen bei und haben so einiges abgespeichert, das eigentlich niemand sehen sollte.

Als die gefährlichste Sache könnte sich aber die veränderte Sicht auf die Realität entpuppen: Der Computer gaukelt den Menschen vor, sie hätten die Weltherrschaft. Während es im normalen Leben normal ist, dass sich einige Dinge nicht mehr rückgängig ­machen lassen, kann man in der virtuellen Welt mit ein paar Tastenclicks nicht nur Textfragmente, sondern auch Menschen wieder­auferstehen lassen. Man kann beliebig herumprobieren, wenn man immer schön abspeichert.

Natürlich ist das Konzept nicht neu – schon immer wurden Indi­zien verwischt und die Geschichte umgeschrieben. Tintenkiller lies­sen aber erahnen, dass da einmal etwas anderes stand, die Delete-Taste hinterlässt keine sichtbaren Spuren. Photoshop und Facebook löschen, verändern und verbiegen alles, was den hohen Ansprüchen ans eigene Aussehen und Leben nicht genügt. Schönheitschirurgen, Therapeuten und Coaches haben es da «draussen» schon schwerer.

Zum Glück gibt es die Amerikaner, die fleissig Computerbewegungen archivieren und uns so deutlich machen, dass auch das Internet nichts vergisst.

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.06.13

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