Malenas Welt: Einzigartig

Weshalb die Norm nicht immer erste Wahl ist.

Hier darf Gemüse knubbelig sein. (Bild: hansjoergwalter.com)

Norm muss nicht immer die erste Wahl sein.

Kleine Fehler machen unverwechselbar, ist immer wieder in Frauenmagazinen zu lesen, und dann wird auf so schlimme Verunstaltungen wie Cindy Crawfords Leberfleck oder Vanessa Paradis’ Zahnlücke hingewiesen. Ansonsten wird in Bildern, die dazu dienen, Mode oder Kosmetik zu verkaufen, viel Wert auf Perfektion gelegt: Man nimmt sehr hübsche Menschen und bügelt sie mit Photoshop noch hübscher.

Mit Gemüse und Früchten verhält es sich ähnlich. Nur wer ein strenges, EU-genormtes Casting übersteht, darf sich vor den Augen der Kunden im Supermarkt auf den Gestellen räkeln. Die Auswahlkriterien sind dabei noch ­unbarmherziger als jene im Modelbusiness: Mit Leberflecken auf Apfel- wangen oder Lücken in der Erbsenschote muss man sich ein ­anderes berufliches Umfeld suchen – sonst bleibt nur die Karriere als Mus.

Natürlich gibt es immer wieder Versuche, das strenge Diktat der Norm zu durchbrechen. Dove, ein Unternehmen, das Hautpflege vertreibt, warb mit Frauen, die von «Size zero» einige Kleidergrössen entfernt waren; die deutsche Zeitschrift «Brigitte» verzichtete ganz auf professionelle Models. Dove scheiterte, weil die Kundinnen von der Werbung eine Traumwelt erwarten. «Brigitte» ­zeigte ausschliesslich «normale» Frauen, die allerdings schön waren wie Models und so das Gefühl der Unzulänglichkeit bei ­ihren Leserinnen noch erhöhten.

In grös­seren Coop-Filialen darf sich nun Gemüse zeigen, das ein wenig aus der genormten Form geraten ist. «Ünique» nennt sich die Linie, die irregulär geformtes Gemüse im Angebot hat. Sie ist günstiger als das genormte Obst. Und gleich ­einem Wolkenhimmel regt das Sortiment zum Fantasieren an: Knubbelige Rüebli erinnern an Schweinchen, krumme Gurken an Schlangen und fleckige Tomaten an Cindy Crawford.

«Ünique»-Rüebli für Fr. 1.80, ­gemischtes Gemüse zum Einheits­preis von Fr. 2.90. In allen grösseren Coop-Filialen erhältlich; www.coop.ch

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 11.10.13

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