Die Lohnschere zwischen Chefs und Untergebenen öffnet sich weiter. Im Schnitt sind die Löhne der CEOs von 40 grossen Schweizer Konzernen 2016 um 7 Prozent angewachsen. Arbeitnehmende erhielten gerade mal 0,7 Prozent mehr Lohn.
Die Lohnschere zwischen dem höchsten und dem tiefsten ausbezahlten Lohn öffnete sich damit 2016 weiter auf durchschnittlich 1:165, wie die Gewerkschaft Unia in einer am Dienstag vorgestellten Studie festhält. Im Vorjahr lag das Verhältnis bei 1:150.
In 26 der 40 untersuchten Schweizer Unternehmen stiegen dabei im vergangenen Jahr die Cheflöhne. Allein die an die CEOs ausgeschüttete Lohnsumme stieg um fast 10 Millionen auf 188 Millionen Franken.
Harsche Kritik an Chefs von Schindler und Sulzer
Die Gewerkschaft sieht dabei in einigen Fällen einen extremen Gegensatz zwischen den ausbezahlten Salären, dem ausbleibenden Unternehmenserfolg und den wirtschaftlichen Abbaumassnahmen zu Lasten der Belegschaft. An den Pranger gestellt werden dabei insbesondere der Innerschweizer Lift- und Rolltreppenhersteller Schindler und der Winterthurer Industriekonzern Sulzer.
Schindler habe im vergangenen Jahr 120 Stellen gestrichen und Sulzer habe angekündigt, im Verlauf des Jahres 2017 rund 90 Arbeitsplätze in der Schweiz abzubauen. Schindler-CEO Silvio Napoli und Sulzer-Chef Gregoire Poux-Guillaume hätten aber dennoch je 3,5 Millionen Franken kassiert. Das sei nur minim weniger als im Vorjahr. Nach Ansicht der Unia sähe eine leistungsabhängige Entschädigung aber anders aus.
Spitzenreiter mit dem höchsten Gehalt war wie im Vorjahr UBS-Chef Sergio Ermotti. Mit 13,7 Millionen Franken verdiente er doppelt so viel wie Ernst Tanner, Chef von Lindt&Sprüngli, der mit 7,42 Millionen Franken auf Rang 10 liegt.
Besonders stossend ist für die Gewerkschaft das Salär von Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam von 10,24 Millionen Franken (+14 Prozent). Ursprünglich wollte die CS die Lohnsumme der Geschäftsleitungsmitglieder auf 82 Millionen Franken erhöhen.
Da die Lohnerhöhung auf 11,9 Millionen Franken aber in krassem Gegensatz zum Geschäftsgang stand und auf breite Kritik in der Öffentlichkeit stiess, reduzierte Thiam seinen Bonus «freiwillig». Die CS-Beschäftigten mussten sich allerdings mit einer Lohnerhöhung von 0,75 Prozent begnügen.
Einen ganz grossen Lohnsprung nach oben vollzog 2016 der inzwischen vom chinesischen Konzern ChemChina übernommene Agrochemiekonzern Syngenta. CEO Erik Frywald verdiente mit knapp 8,4 Millionen Franken fast 40 Prozent mehr als sein Vorgänger, der Ende 2015 Syngenta verlassen hatte.
Höchste Spannweite in der Lebensmittelindustrie
Die höchste Spannweite zwischen dem Tiefst- und dem Höchstlohn errechnete die Gewerkschaft in der Lebensmittelindustrie mit einem Verhältnis von 1:237. Die starke Lohnerhöhung von Nestlé-Chef Paul Bulcke um fast 24 Prozent auf 11,21 Millionen Franken trug wesentlich dazu bei.
In der Chemie- und Pharmaindustrie beträgt die durchschnittliche Lohnschere 1:217. Roche führt mit einem Verhältnis von 1:266 nicht nur die Branche an, sondern hat die grössten Lohnunterschiede aller untersuchten Unternehmen überhaupt. Roche-Chef Severin Schwan bezogt 2016 ein Salär von 11,64 Millionen Franken.
Knapp dahinter liegt die Banken- und Versicherungsbranche (1:200). Spitzenreiter ist hier die UBS mit einer durchschnittlichen Lohnschere von 1:264. Sowohl in der Maschinen-, Metall- und Uhrenindustrie als auch in der Bauwirtschaft liegt das durchschnittliche Verhältnis bei 1:134.
Ein deutlicher Ausreisser nach oben ist hier ABB (1:216). Die Vergütung von ABB-Chef Ulrich Spiesshofer belief sich 2016 auf 9,28 Millionen Franken, während der Tiefstlohn im Konzern bei 42’900 Franken lag.
Die Gewerkschaft stellt fest, dass sich seit ihrem ersten Bericht im Jahr 2012 die durchschnittliche Lohnschere in den meisten Branchen weiter geöffnet hat.