Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hat wegen der Verbreitung von Gewaltbildern der Terrormiliz IS ihre parlamentarische Immunität verloren. Die Abgeordneten des EU-Parlaments gaben am Donnerstag einem Antrag der französischen Justiz statt.
Die Präsidentschaftskandidatin, EU-Abgeordente und Vorsitzende des rechtsextremen Partei Front National könnte nun wegen der Vorwürfe gegen sie vernommen werden. Am Ende könnte dann ein Strafprozess stehen.
Auswirkungen auf ihre Wahlchancen in den französischen Präsidentschaftswahlen muss dies jedoch nicht haben. Le Pen ist es bislang gelungen, ihrer Wählerschaft Ermittlungen gegen sie als politisch motiviert darzustellen.
«Das ist der IS!»
Le Pen hatte im Dezember 2015 über den Kurzbotschaftendienst Twitter Gräuelfotos von Opfern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verbreitet. Dazu schrieb sie «Das ist der IS!». Eine der Aufnahmen zeigte den enthaupteten Leichnam des Journalisten James Foley. Der US-Amerikaner war 2012 in Syrien entführt und 2014 ermordet worden.
Le Pen reagierte mit der Publikation der Fotos auf Äusserungen eines Radiomoderators, der Parallelen zwischen Le Pens Partei Front National und dem IS gezogen hatte.
Die Staatsanwaltschaft von Nanterre bei Paris leitete in der Folge Ermittlungen wegen der «Verbreitung von Gewaltbildern» ein und beantragte beim EU-Parlament eine Aufhebung von Le Pens parlamentarischer Immunität. Die Verbreitung von Gewaltbildern ist in Frankreich eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft und 75’000 Euro Busse geahndet werden kann.
Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments gab für die Aufhebung von Le Pens Immunität bereits am Dienstag grünes Licht. Am Donnerstag wurde dem Antrag im Plenum mit grosser Mehrheit zugestimmt. Die Immunität solle vor allem die Redefreiheit und unabhängige Amtsausübung der Parlamentarier schützen, hiess es vom Parlament. Deshalb stehe der strafrechtlichen Verfolgung Le Pens in diesem Fall nichts entgegen.
«Politisch motiviert»
Le Pen hatte sich im April 2016 geweigert, einer Vorladung eines Untersuchungsrichters zu folgen. Sie begründete dies mit ihrer parlamentarischen Immunität. Am Donnerstag sprach sie im Sender LCP von «politisch» motivierten Ermittlungen gegen sie. Einen Gesetzesverstoss wies sie von sich: «Ich bin Abgeordnete, es ist meine Aufgabe, den IS anzuprangern.»
Die Aufhebung von Le Pens parlamentarischer Immunität tritt sofort in Kraft. Sie betrifft aber nur den Vorwurf der Verbreitung der IS-Fotos – nicht die Ermittlungen um eine mögliche Scheinbeschäftigung im EU-Parlament, die Le Pen ebenfalls vorgeworfen wird.
Die Front-National-Chefin und andere EU-Abgeordnete ihrer Partei sollen Mitarbeiter als parlamentarische Assistenten bezahlt haben, obwohl diese in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernahmen. Vergangene Woche leitete die französische Justiz deswegen ein Ermittlungsverfahren gegen Le Pens Bürochefin Catherine Griset ein. Die FN-Chefin weigerte sich, einer polizeilichen Vorladung zu folgen.
Die Vorwürfe haben der rechtsextremen Präsidentschaftskandidatin im Wahlkampf bislang nicht geschadet. Umfragen sehen sie nach wie vor in der ersten Runde am 23. April vorne. In der Stichwahl am 7. Mai dürfte sie Meinungsforschern zufolge aber ihrem Gegner unterliegen, nach jetzigem Stand dem parteilosen Mitte-Kandidaten Emmanuel Macron.