Marokko hat sich bereit erklärt, ausreisepflichtige Staatsbürger aus Deutschland zurückzunehmen. Das sagte der marokkanische Innenminister Mohamed Hassad am Montag nach einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière in der Hauptstadt Rabat.
Dabei wolle man sich zunächst auf diejenigen konzentrieren, die im vergangenen Jahr mit den Flüchtlingsströmen nach Deutschland gekommen seien und sich als Syrer ausgegeben hätten, sagte Hassad.
Die Identifizierung solle anhand von Fingerabdrücken geschehen, sagte de Maizière. Die marokkanische Seite habe zugesagt, entsprechende Anfragen innerhalb von 45 Tagen zu bearbeiten. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rund 10’000 Marokkaner nach Deutschland gekommen. Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus dem nordafrikanischen Land lag bei 3,7 Prozent.
Zugleich einigten sich beide Minister auf den baldigen Abschluss eines Sicherheitsabkommens, das seit langem verhandelt wird. Nur noch wenige technische Details müssten geklärt werden, dann sei das Abkommen unterschriftsreif, sagte de Maizière.
Deutsche Schützenhilfe in Verfahren mit der EU
Ausserdem sagte die deutsche Regierung der marokkanischen Seite zu, ein Berufungsverfahren der EU gegen ein Agrar- und Fischereiabkommen mit Marokko zu unterstützen.
Der Europäische Gerichtshof hatte im Dezember 2015 das Abkommen teilweise für ungültig erklärt, weil darin auch die umstrittenen Gebiete der Westsahara eingeschlossen worden waren. Marokko hatte die frühere spanische Kolonie nach dem Abzug der Spanier 1976 annektiert. Die Zugehörigkeit des Wüstengebiets zu dem nordafrikanischen Land wurde aber international nicht anerkannt.
Marokko ist die erste Station einer Reise de Maizières durch den Maghreb. Bis Dienstagabend sind weitere Gespräche mit den Regierungen Algeriens und Tunesiens geplant.
Durchbruch dank Merkel-Anruf
Als «Durchbruch» in den Bemühungen um eine bessere Zusammenarbeit mit Marokko bezeichnete de Maizière ein Telefongespräch von Kanzlerin Angela Merkel mit König Mohammed VI. Anfang Februar, in dem der Monarch der deutschen Regierung Kooperationsbereitschaft zusagte. Ein Grund dafür sind nach Einschätzung aus Berlin die Übergriffe nordafrikanischer Männer gegen Frauen in der Kölner Silvesternacht.
Solche Vorfälle sind dem Königreich am Mittelmeer, das sich als politisches und wirtschaftliches Scharnier zwischen Europa und Afrika etablieren möchte, unangenehm.
Es besteht in Marokko zudem die Befürchtung, dass dadurch in Europa entstehendes Misstrauen das Leben der Auslandsmarokkaner erschwert. Diese überweisen jährlich immerhin rund sechs Milliarden Euro in ihr Heimatland. Das entspricht in etwa den Einnahmen des Landes aus dem Tourismus.
Geringe Chance auf Anerkennung in Deutschland
Marokkaner, Tunesier und Algerier haben kaum Aussicht, in Deutschland Asyl zu erhalten. Nach letzten Angaben des Innenministeriums in Berlin wurden im vergangenen Jahr 1,7 Prozent der Flüchtlinge aus Algerien als Asylbewerber anerkannt, bei Marokko lag die Quote bei 3,7 Prozent. Bei Tunesiern gab es fast gar keine Anerkennung.
Dennoch nahm die Zahl besonders der Flüchtlinge aus Marokko und Tunesien im Verlaufe des vergangenen Jahres deutlich zu: Kamen im Januar 293 Marokkaner als Flüchtlinge nach Deutschland, waren es im Dezember 2015 bereits 2896. Bei den Algeriern stieg die Zahl von 542 auf 2296.
Die deutschen Behörden stossen jedoch bei der Identifizierung und Abschiebung der Bürger der drei Maghreb-Staaten auf Probleme, die zu monatelangen Verfahren führen. Denn viele Nordafrikaner werfen wegen der gegen Null gehenden Anerkennungsquoten ihre Pässe weg und geben sich als syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aus.