Marokkos Islamisten gelten als Favoriten bei den Wahlen

In Marokko haben die ersten Parlamentswahlen seit einer Verfassungsänderung im Sommer stattgefunden. Als Favorit ging die moderate islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) ins Rennen, die bislang die stärkste Oppositionspartei war.

Ein Plakat ruft die Bevölkerung in Rabat am 25. November an die Urnen (Archiv) (Bild: sda)

In Marokko haben die ersten Parlamentswahlen seit einer Verfassungsänderung im Sommer stattgefunden. Als Favorit ging die moderate islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) ins Rennen, die bislang die stärkste Oppositionspartei war.

Erstmals ist König Mohammed VI. verpflichtet, den Regierungschef aus den Reihen der Partei mit den meisten Stimmen zu ernennen.

Mehr als 13 Millionen Marokkaner waren bei den vorgezogenen Neuwahlen zu den Urnen gerufen. 31 Parteien rangen um die insgesamt 395 Mandate, 70 mehr als bei den Wahlen 2007.

Die Verfassungsänderung, die Anfang Juli in einem Referendum mit grosser Mehrheit angenommen wurde, stärkt die Rolle des Parlaments im Gesetzgebungsprozess sowie die Position des Ministerpräsidenten. Der Regierungschef wird demnach automatisch ein Politiker der Partei, welche die Wahl gewinnt.

Islamisten gelten als nicht korrupt

Zwar sind in Marokko keine Meinungsumfragen erlaubt, aber Beobachter gingen von einem Wahlsieg der moderaten Islamisten aus – hauptsächlich deshalb, weil sie für Anti-Korruption und Rechtschaffenheit stehen. Die PJD bezeichnet sich selbst als islamistisch und monarchistisch. Sie befasst sich vor allem mit sozialen Themen.

Die PJD ging mit dem Versprechen in die Wahl, die Armut zu bekämpfen und den Mindestlohn um 50 Prozent zu erhöhen. Seit den Wahlen 1997, bei denen sie acht Mandate gewann, wuchs in der Bevölkerung die Sympathie für die PJD: 2002 entfielen auf sie bereits 42 Parlamentssitze, 2007 erhielt sie 47.

Ihr grösster Konkurrent ist die Unabhängigkeits-Partei (Istiqlal) von Ministerpräsident Abbas al-Fassi. Gegründet 1944, ist sie Marokkos älteste Partei. Sie gewann die Wahl 2007 mit 52 Sitzen. Gemeinsam mit dem Nationalen Zusammenschluss der Unabhängigen (RNI) von Finanzminister Salaheddine Mezouar und sechs weiteren Parteien bildet sie die Regierungskoalition.

Boykott durch Protestbewegung

Die im Sog des Arabischen Frühlings entstandene Protestbewegung des 20. Februar boykottierte die Wahlen. Transparenz sei nicht garantiert, hiess es zur Begründung.

Eigentlich waren die Wahlen erst im September 2012 fällig. König Mohammed VI. hatte sie jedoch nach Verabschiedung einer Verfassungsreform im Juli vorverlegt, um nicht in den Sog der Revolten im benachbarten Tunesien und in anderen arabischen Staaten zu geraten.

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