Massenprotest in Tunis bei Beerdigung von Anschlagsopfer Brahmi

In Tunesien haben Zehntausende Menschen bei der Beerdigung des ermordeten Oppositionspolitikers Mohammed Brahmi gegen die herrschenden Islamisten demonstriert. Sie forderten die Regierung zum Rücktritt auf.

Sarg mit dem ermordeten Mohammed Brahmi in Tunis (Bild: sda)

In Tunesien haben Zehntausende Menschen bei der Beerdigung des ermordeten Oppositionspolitikers Mohammed Brahmi gegen die herrschenden Islamisten demonstriert. Sie forderten die Regierung zum Rücktritt auf.

Auch machten sie den Chef der Regierungspartei Ennahda, Rached Ghannouchi, für das Attentat verantwortlich. Später zogen Demonstranten vor die Verfassunggebende Versammlung in der Hauptstadt Tunis. Die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor.

Aufgeheizt wurde die ohnehin schon aufgeladene Stimmung von einem Bombenanschlag, der sich wenige Stunden zuvor nahe einer Polizeiwache ereignet hatte. Der Sprengsatz war in einem Polizeiauto versteckt. Opfer gab es keine.

Todesopfer bei Protest in Gafsa

Dagegen wurde bei Protesten gegen die moderat-islamische Regierung Augenzeugen zufolge in der Stadt Gafsa ein Mensch getötet.

Die Sicherheitskräfte begleiteten den Trauer- und Protestmarsch mit einem Grossaufgebot. Hunderte Soldaten und Polizisten waren an der Strecke postiert, Militärhelikopter flogen über die Menge hinweg.

Brahmi sollte neben dem Grab des im Februar ebenfalls ermordeten Oppositionspolitikers Chokri Belaïd beerdigt werden. Innenminister Lotfi Ben Jeddou zufolge wurden die beiden Politiker mit derselben Waffe erschossen. Der Minister machte eine islamisch-fundamentalistische Salafistengruppe für die Attentate verantwortlich.

Präsident Moncef Marzouki hatte ein Staatsbegräbnis angeordnet. Aus Protest gegen die Ermordung Brahmis legten 42 Oppositionsabgeordnete ihr Mandat nieder.

Gewaltsame Ausschreitungen

Die Ermordung Brahmis am Freitag hatte im ganzen Land Demonstrationen von Anhängern und Gegnern der Regierung ausgelöst. Dabei kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.

Seit dem Sturz des Langzeit-Machthabers Zine al-Abidine Ben Ali im Januar 2011, der den sogenannten Arabischen Frühling einleitete, haben die Spannungen zwischen Islamisten und der weltlich-säkular orientierten Opposition stetig zugenommen.

Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten wurden auch die Rufe in Tunesien nach Absetzung der Regierung lauter. Die Ennahda (Wiedergeburt) orientiert sich an Mursis Muslimbrüdern.

Wirtschaft lahmt wie in Ägypten unter Mursi

Die tunesische Regierung hat den Übergang nach der Herrschaft Ben Alis zwar vergleichsweise friedlich gestalten können und kleinere nichtreligiöse Parteien an der Macht beteiligt. Viele Bürger sind allerdings enttäuscht, dass es ihr nicht gelang, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Zudem wird ihr von der Opposition vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen die islamisch-fundamentalistischen Salafisten vorzugehen.

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