Bundespräsident Ueli Maurer gab sich in seiner Radio- und TV-Ansprache zum 1. August kämpferisch: Er rief die Schweizerinnen und Schweizer auf, Freiheit und Unabhängigkeit angesichts internationalen Drucks zu verteidigen.
Für die Aufzeichnung seiner Fernsehansprache begab sich Maurer auf die Älggi-Alp. Der Ort oberhalb von Sachseln OW gilt als geografischer Mittelpunkt der Schweiz. Die Schweiz habe auch einen staatspolitischen Kern, stellte er fest.
Dazu gehörten «unsere Freiheit und Unabhängigkeit.» Die Schweiz sei ein «Sonderfall Freiheit und ein Sonderfall Wohlstand».
«Keine fremden Richter»
Maurer zeigte sich – wie bei seinen Ansprachen an anderen Orten – besorgt, dass die Schweiz von grossen Staaten und internationalen Organisationen unter Druck gesetzt werde.«Die Grossen erteilen uns Befehle.»
Der SVP-Bundesrat nahm Bezug auf den Bundesbrief von 1291. Schon dort stehe, «dass wir keine fremden Richter wollen».
Maurer dürfte damit auf die Diskussionen um die Beziehungen zur EU anspielen. Zuletzt war der Bundesrat bereit, dem Europäischen Gerichtshof eine stärkere Rolle bei der Auslegung von EU-Recht in der Schweiz einzuräumen.
An der Bundesfeier auf dem Rütli lobte Bundesrat Johann Schneider-Ammann Teamgeist als Modell für eine funktionierende und freie Gesellschaft. Unter den Gästen des von 1100 Personen besuchten Anlasses war neben Schneider-Ammann der Schweizerische Fussballverband.
Schneider-Ammann gegen unnötige Regeln
Schneider-Amman liess es sich nicht nehmen, seine staatspolitischen Überlegungen mit dem Fussball zu verknüpfen: Er rief dazu auf, das Mannschaftsspiel zu pflegen, und zwar nicht nur auf dem Rasen, sondern auch in den Werkhallen, den Büros und im Alltag. Teamgeist ersetze unnötige Regeln und eröffne Chancen.
Im Zentrum stehen für den freisinnigen ehemaligen Unternehmer und heutigen Volkswirtschaftsminister Freiheit und Fairness. Schneider-Ammann plädierte dafür, nicht alles mit Regeln zu lösen. Diese schränkten die Basis des Erfolges der Schweiz, die Eigeninitiative und die Eigenverantwortlichkeit, ein.
Darbellay greift Burkhalter an
Auch andere Parteipräsidenten gaben sich angriffig. CVP-Präsident Christophe Darbellay schimpfte am Mittwoch in Saas-Balen VS Aussenminister Didier Burkhalter einen «Nachgeber-Minister» gegenüber der EU.
SP-Präsident Christian Levrat sagte in einer Videobotschaft, Schweizerinnen und Schweizer hätten viele Gründe, stolz zu sein. Widerstand gegen fremde Mächte, das Bankgeheimnis und der Rütlischwur gehörten jedoch nicht dazu.
Bundesräte ärgern sich über Feindbilder
Sechs von sieben Bundesratsmitgliedern waren bereits am Vorabend des 1. Augusts ans Mikrofon getreten. Die meisten Amtskolleginnen und -kollegen Maurers riefen zur Offenheit auf.
BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf sagte in Arch BE, es bringe nichts, Feindbilder heraufzubeschwören. Die Schweiz stehe nicht am Abgrund. Kritik übte sie an der Finanzindustrie: Diese müsse aus ihren Fehlern lernen.
Die beiden SP-Bundesratsmitglieder – Simonetta Sommaruga und Alain Berset – betonten in ihren Reden, dass Wandel, Fortschritt und Veränderung keine Gefahr für die Schweiz bedeuteten.
Burkhalter verteidigt bilateralen Weg
Aussenminister Burkhalter hielt seine Rede in der lettischen Hauptstadt Riga. Dass das Volk als Souverän stets das letzte Wort habe, gehöre zur Eigenständigkeit der Schweiz, sagte der FDP-Bundesrat vor lettischen Regierungsvertretern.
Leuthard wirbt für Reformen
Als einziges Ratsmitglied hatte Bundesrätin Doris Leuthard am Mittwoch keinen Auftritt. Am Donnerstag sprach sie in Lavizzara TI. Dabei rief sie dazu auf, den Bund bei der Realisierung und Finanzierung wichtiger Reformprojekte zu unterstützen. So würden auch abgelegene Berggebiete bei Investitionen nicht benachteiligt.
Als Ort für ihre Ansprache wählte Leuthard die Alp «Campo La Torba» im oberen Maggiatal in 1’580 Metern Höhe. Rund 300 Leute fanden sich am Festort ein. In italienischer Sprache versicherte Leuthard, dass für den Bund «jedes Tal, jedes Dorf wertvoll» sei.