Niemand hat sich die Unternehmenssteuerreform III gewünscht – die bisherigen Steuerprivilegien werden auf Druck des Auslandes abgeschafft. Nun, da kein Weg daran vorbei führt, will Finanzminister Ueli Maurer das Beste daraus machen.
Die Unternehmenssteuerreform III sei eine «Investition in die Zukunft», sagte er am Donnerstag vor den Bundeshausmedien. «Wir wollen, dass die Unternehmen in der Schweiz bleiben oder dass sogar noch mehr kommen.» Der Finanzminister meinte damit jene Firmen, die ihre Steuerprivilegien bald verlieren könnten.
Die EU und die OECD akzeptieren es nicht mehr, dass die Schweiz im Ausland erzielte Gewinne tiefer besteuert als im Inland erwirtschaftete. Deshalb werden die speziellen Steuerregimes für Holding- oder Verwaltungsgesellschaften mit der Reform abgeschafft. Grundsätzlich zahlen die bisher privilegierten Firmen in Zukunft gleich viel Steuern wie alle anderen Unternehmen auch.
Drohende Steuerausfälle
Es geht um etwa 24’000 Unternehmen, die rund 150’000 Arbeitnehmende beschäftigen. Die Firmen tragen 20 Prozent zu den Steuereinnahmen von Kantonen und Gemeinden und fast 50 Prozent zu den Gewinnsteuereinnahmen des Bundes bei. Maurer bezifferte die potenziellen Steuerausfälle durch Abwanderung auf 5 Milliarden Franken. Hinzu käme der Wegfall von Einkommenssteuern der Arbeitnehmenden.
So weit soll es nicht kommen: «Der Gefahr der Abwanderung begegnen wir, indem wir weiterhin attraktive Bedingungen haben», sagte Maurer. Im Zentrum steht die Senkung der Gewinnsteuern für alle Unternehmen. Darüber entscheiden die Kantone. Nach aktuellen Schätzungen könnte die Belastung für Unternehmen von durchschnittlich 19 Prozent auf rund 14 Prozent sinken.
Den finanziellen Spielraum für Steuersenkungen erhalten die Kantone durch einen höheren Anteil an der direkten Bundessteuer. Das kostet den Bund rund 900 Millionen Franken. Insgesamt beläuft sich die Rechnung für den Bund auf mindestens 1,1 Milliarden Franken.
Das seien 1,5 Prozent der Bundeseinnahmen, sagte Maurer. Diesen Betrag könne man ohne Risiko in künftige Erträge investieren. «Wenn wir diesen Schritt nicht machen, werden wir mit Sicherheit höhere Einnahmeausfälle haben», ist der Finanzminister überzeugt.
Werkzeugkasten für Kantone
Neben tieferen Steuern sollen die Kantone den Unternehmen weitere Vergünstigungen gewähren können. Drei Instrumente stehen im Vordergrund: Mit der Patentbox werden Erträge aus Patenten und anderen Immaterialgüterrechten zu einem tieferen Satz besteuert. Die Inputförderung subventioniert Forschungsaufwendungen. Die zinsbereinigte Gewinnsteuer erlaubt den Abzug eines fiktiven Zinssatzes auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital.
Die Steuerausfälle für die Kantone lassen sich noch nicht beziffern, weil nicht klar ist, welcher Kanton welche Vergünstigungen einführt. Für alle sei etwas drin in dem Werkzeugkasten, sagte die basel-städtische Finanzdirektorin Eva Herzog. Für die SP-Politikerin ist entscheidend, dass alle Vergünstigungen zusammengenommen zu steuerlichen Ermässigungen von höchstens 80 Prozent führen dürfen.
«Das ist ein Verbesserung», sagte sie mit Verweis auf die umstrittene Unternehmenssteuerreform II. Die unerwartet hohen Steuerausfälle, die dadurch entstandenen, dienen Herzogs eigener Partei als Argument im Abstimmungskampf. Die SP warnt vor neuen Steuerschlupflöchern für Konzerne und Grossaktionäre, die von den Arbeitnehmenden wieder gestopft werden müssten.
Neue Steuerschlupflöcher
Die Partei hat darum zusammen mit Grünen, Gewerkschaftsbund, Unia sowie weitere Gewerkschaften und Jungparteien Unterschriften für ein Referendum gesammelt. Die Vorlage kommt am 12. Februar 2017 an die Urne. Dass er den Abstimmungskampf bereits jetzt eröffnet, begründete Maurer mit dem grossen Informationsbedarf. Nach dem Urnengang von Ende November und den Weihnachtsferien bleibe dafür nur noch wenig Zeit.
Laut Maurer steht viel auf dem Spiel. Bei einem Besuch in den USA habe er mit Erstaunen festgestellt, wie genau Unternehmer die Entwicklung in der Schweiz verfolgten, berichtete er. Deren Entscheid für den Standort Schweiz hänge stark von der Unternehmenssteuerreform III ab. Sofern diese 2019 in Kraft gesetzt werden kann, macht sich Maurer keine Sorgen: «Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Paket weiterhin attraktiv sind und in der ersten Liga spielen.»