Die Schweizer Medien ordnen Ereignisse zunehmend schlechter ein. Die Berichterstattung sei oftmals episodenhaft und vermittle kein Hintergrundwissen.
Das Jahrbuch «Qualität der Medien Schweiz» erteilt der Schweizer Medien schlechte Noten: Ereignisse würden zunehmend schlechter eingeordnet, die Berichterstattung sei oftmals episodenhaft und vermittle kein Hintergrundwissen. Für die Forscher ist dies ein weiterer Beleg für die Medienkrise.
Ein besonders schlechtes Zeugnis stellt das Jahrbuch den Gratiszeitungen und den Online-Angeboten der Boulevard-Medien aus. Diese würden die Ereignisse am wenigsten einordnen, und der Gehalt an Softnews sei überdurchschnittlich hoch, heisst es im Jahrbuch. Besser schnitten dagegen die Boulevard-Zeitungen ab.
Qualitätstitel verlieren an Boden
Insgesamt sei die Qualität in den Schweizer Medien in den vergangenen elf Jahren weiter erodiert. Medientitel mit hoher Qualität hätten spürbar an Auflage und Nutzung verloren, während Angebote mit niedriger Qualität massiv zugelegt hätten. Besonders ausgeprägt sei dieser Trend in den Westschweizer Medien gewesen.
Punkto Nachrichtenqualität steht das öffentliche Radio an der Spitze, gefolgt von den überregionalen Abonnementszeitungen wie der «Neue Zürcher Zeitung», «Le Temps» oder «Tages-Anzeiger». Die Online-Portale schaffen es dagegen nicht in die Hitliste der Titel mit höchster Qualität. Sie rangieren im Mittelfeld oder weiter unten.
Immer weniger Nutzer
Abgenommen hat auch die Relevanz der Nachrichten: Softnews rückten 2012 im Vergleich zum Vorjahr etwas stärker in den Vordergrund. Eine Erklärung mag sein, dass das vergangene Jahr durch prominente Sportereignisse wie Olympia geprägt war, wie es im Jahrbuch heisst.
Sorgen bereitet den Forschern die Entwicklung der Informationsmedien von Presse, Radio und TV. Sie seien einem Nutzungsschwund ausgesetzt, lautet nicht zum ersten Mal der Hauptbefund der Studie. Im Vergleich zum Vorjahr seien allein bei der Informationspresse die Werbeerlöse 2012 um 183 Millionen Franken zurückgegangen.
Die Informationsmedien seien aber ein «unverzichtbares Element der Demokratie», konstatieren die Forscher. Aus ihrer Sicht lässt sich unter den heutigen Bedingungen das bestehende Angebot aber in Zukunft nicht sichern.
Mythen widerlegt
Nicht verschont blieben auch die Verleger und Chefredaktoren, denen die Forscher vorwerfen, immun gegen Kritik zu sein. Der «Mythos von der besten Zeitungslandschaft aller Zeiten» sei langfristig aber fatal. Der Appell der Forscher: Die Medienzunft muss die Standards im Journalismus wieder stärken.
Das Jahrbuch 2013 «Qualität der Medien Schweiz Suisse Svizzera» wurde vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich verfasst. Finanziert hat die Studie die Stiftung Öffentlichkeit und Gesellschaft. Das Ziel des Jahrbuches ist es gemäss dem Fög selbst, dass das Bewusstsein für die Qualität der Medien gestärkt wird. «Die Befunde sollen zur Diskussion über den Wandel unserer medialen Öffentlichkeit anregen.»
Die Diskussion fand bereits in den ersten drei Jahren statt. Und obwohl die Studie zum vierten Mal nun den Medien einen Qualitätsverlust bescheinigt, dürfte die Debatte auch in diesem Jahr nicht ausbleiben.