Der Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre «Sewol» ist offenbar verhaftet worden. Gegen Lee Joon Seok werde unter anderem wegen Vernachlässigung seiner Dienstpflicht und Verstosses gegen Seerecht ermittelt, meldete die Nachrichtenagentur Yonhap.
An Bord der 6825-Tonnen-Fähre waren 475 Menschen, als sie am Mittwochmorgen verunglückte. Der Kapitän und die meisten der 28 Besatzungsmitglieder konnten sich retten. Die «Sewol» wurde zum Unglückszeitpunkt nicht vom Kapitän, sondern von einer wenig erfahrenen Offizierin gesteuert.
Der 68 Jahre alte Lee Jun Seok habe die Schiffsführung an die 26-jährige Dritte Offizierin übergeben, bevor das Schiff zu sinken begann, teilten die Ermittler zuvor mit. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehle gegen den Kapitän, die Offizierin sowie gegen ein weiteres Besatzungsmitglied beauftragt.
Das Verhalten des Kapitäns und der Crew wurde schon unmittelbar nach dem Untergang stark kritisiert. Überlebende berichteten, der Kapitän habe das Schiff als einer der ersten verlassen. Zudem war den Passagieren zunächst über Lautsprecher mitgeteilt worden, sich nicht zu rühren – da war das Schiff bereits in starke Seitenlage geraten.
Nach Ansicht von Experten ist durch die späte Evakuierung kostbare Zeit verloren gegangen. Die Küstenwache befürchtet, dass viele Menschen im Innern des Schiffes eingeschlossen wurden.
«Die Aussicht, dass da noch Überlebende sind, ist sehr gering», sagte der Experte und Leiter von Australian Marine Consultants, Des Ward, dem südkoreanischen Sender Arirang. Widriges Wetter und eine starke Strömung erschwerten die Bergungsarbeiten vor der Südwestküste Südkoreas weiter.
Grossteil noch vermisst
Fast 270 Menschen galten auch zwei Tage nach dem Untergang der Fähre als vermisst. An Bord waren 325 Schüler auf dem Weg zu einem Ausflug. Ragte zunächst der Bug noch aus dem Wasser, war später am Freitag nichts mehr von der Fähre zu sehen.
Bis jetzt wurden 28 Leichen aus dem Wasser rund um die Fähre gezogen. Fast 180 Menschen waren gerettet worden. Der erste Vorstoss von Tauchern ins Innere des Wracks endete ohne sichtbaren Erfolg. Die Rettungsmannschaften begannen jedoch damit, Luft in das Schiff zu pumpen.
Das Schiff war am Mittwoch in Seenot geraten und gesunken. Als Ursache gilt ein scharfer Kurswechsel. Es wird vermutet, dass dadurch die Autos und Container verrutscht und so das Schiff in Schieflage geraten sein könnte. Auch wird nicht ausgeschlossen, dass die Fähre einen Felsen unter Wasser rammte.
Lehrer hatte Schuldgefühle
Familien von Vermissten richteten schwere Vorwürfe gegen die Regierung. In einer Erklärung warfen sie ihr vor, nicht genug für die Rettung möglicher Überlebender zu tun. Viele Angehörige harren in der Nähe der Unglücksstelle auf der Insel Chindo aus.
Auf dieser Insel soll sich indes ein Lehrer erhängt haben. Der Mann war stellvertretender Direktor der Oberschule nahe Seoul, von der ein Grossteil der jungen Passagiere kam. Offensichtlich habe er Schuldgefühle gehabt, weil er gerettet wurde, während viele unter seiner Obhut mitreisende Schüler vermisst werden, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Polizei.