Die umstrittene Technik, den Ozean mit Eisen zu düngen, um das Klimagas Kohlendioxid am Meeresboden abzulagern, funktioniert. Dies berichtet ein internationales Forscherteam am Donnerstag im Fachblatt „Nature“. Dennoch taugt sie nach Ansicht Schweizer Forscher nicht als technische Waffe gegen den Klimawandel.
„Geben Sie mir einen halb mit Eisen gefüllten Tanker, und Sie bekommen von mir eine Eiszeit“, hat der US-Meeresforscher John Martin vor über 20 Jahren im Scherz gesagt. Als erster brachte er damit die Idee ins Spiel, dass die Düngung des Meeres mit Eisen eine Algenblüte hervorrufen könnte.
Mit ihrem Absterben würde das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in den Tiefen des Ozeans versenkt, die Atmosphäre würde sich abkühlen. Nun zeigt ein grosser Feldversuch, dass zumindest die ersten beiden Schritte davon funktionieren.
Im Rahmen des European Iron Fertilization Experiment (EIFEX) hatten Forscher im Jahr 2004 sieben Tonnen gelöstes Eisensulfat im Südpolarmeer ausgebracht. In vielen Teilen der Ozeane begrenzt ein spärlicher Eisengehalt das Wachstum von Algen.
Um ein einigermassen abgeschlossenes System für den Versuch zu haben, wählten die Wissenschaftler einen stabilen Ozeanwirbel aus, der kaum Wasser mit der Umgebung austauscht.
Biomasse sank in 1000 Meter Tiefe
Es kam zu einer Algenblüte, die deutlich grösser war als bei allen früheren Eisendüngungs-Versuchen, berichten die Forscher um Victor Smetacek vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Mindestens die Hälfte der dabei gebildeten Biomasse sei anschliessend bis in tausend Meter Tiefe abgesunken. Dort wird der Kohlenstoff laut der Forscher für Jahrhunderte gespeichert.
Die Resultate zeigten auf, dass auch der zweite Schritt der Eisendüngung funktioniert, erklärte der Umweltphysiker Nicolas Gruber von der ETH Zürich gegenüber der Nachrichtenagentur sda – nämlich dass der Kohlenstoff aus Eisen-gedüngten Algenblüten tatsächlich in die Tiefsee sinkt.
Verklumpte Kieselalgen sinken zum Meeresgrund
Im Unterschied zu früheren Versuchen blühten in diesem Fall vor allem Kieselalgen auf, erklärte der beteiligte Geologe Oliver Sachs, der heute beim Geologiebüro Eberhard & Partner in Aarau arbeitet. Diese Algen besitzen nadelähnliche Fortsätze, an denen sie sich verklumpen und somit nach dem Absterben relativ rasch in die Tiefe sinken.
Ein deutsch-indischer Düngungs-Versuch im Jahr 2009 hatte andere, weniger stachelige Algen aktiviert. Sie wurden von Krebschen gefressen, wodurch der gebundene Kohlenstoff wieder in die Luft zurück gelangte. „Der Erfolg der Eisendüngung hängt davon ab, welche Algen durch das Eisen angeregt werden“, ist darum Sachs‘ Fazit.
Trotz des Forschungserfolgs taugt die Eisendüngung nach Ansicht von Gruber nicht als technische Massnahme gegen den Klimawandel. „Dazu müsste man auch zeigen, dass tatsächlich zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen wird.“ Dies sei der dritte Schritt zu einer erfolgreichen Eisendüngung.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Hingegen könnte der Eingriff unerwünschte, gar verheerende Nebenwirkungen im Ökosystem haben. Wenn Bakterien im Meer das absinkende organische Material abbauen, verbrauche das Sauerstoff, der wiederum höheren Organismen im Meer wie Fischen fehle, sagt Gruber. Im Extremfall könne sich dabei sogar Lachgas bilden, das als Treibhausgas über 200-mal stärker wirkt als CO2.
Die ETH-Forscher hatten in einer Studie von 2003 aufgezeigt, dass Eisendüngung zu so starker Lachgas-Bildung führen kann, dass der Nutzen der CO2-Aufnahme mehr als wettgemacht werde. „Am Schluss wärmt man die Erde sogar noch mehr auf“, sagte Gruber.