Aus Protest gegen Staatschef Nicolás Maduro sind in Venezuela mehr als 200’000 Menschen auf die Strasse gegangen. Allein in der Hauptstadt Caracas versammelten sich am Samstag nach Angaben der Opposition über 160’000 Regierungsgegner.
Dabei gab es gewaltsame Zusammenstösse zwischen Polizei und Demonstranten mit Dutzenden Verletzten. «Je mehr Repression, desto mehr Widerstand und Kampf für Venezuela», drohte Oppositionsführer Henrique Capriles am 50. Tag der Proteste. «Wir sind Millionen gegen die Diktatur», stand auf Pappschildern der Demonstranten in Caracas zu lesen.
Die Opposition macht die sozialistische Regierung für die schwere politische und wirtschaftliche Krise im Land verantwortlich. «Es sind nun 50 Protesttage», sagte die 24-jährige Mariaangel am Samstag in Caracas. «Ich bin hier mit meinen zwei Kindern, ich kann keine Milch bekommen, ich kann kein Essen bekommen.»
Die Demonstranten wollten zum Innenministerium im Stadtzentrum marschieren, die Polizei hinderte sie aber mit Tränengas daran. Einige Demonstranten bewarfen die Polizisten mit Steinen und Molotow-Cocktails. Nach Angaben des Bezirksbürgermeisters Ramón Muchacho wurden mindestens 46 Menschen verletzt.
47 Tote und 2200 Festnahmen
Auf der wichtigsten Autobahn von Caracas waren Oppositionsanhänger zwischen Barrikaden mit Stöcken und Steinen bewaffnet, um sich gegen die Polizei zur Wehr zu setzen. Einige junge Männer waren vermummt, trugen Gasmasken und selbstgemachte Schilde aus Holz oder Metall.
In San Cristóbal im westlichen Bundesstaat Tachira gingen schätzungsweise mehr als 40’000 Maduro-Gegner auf die Strasse. Maduro hatte diese Woche 2600 Soldaten nach Tachira entsandt, nachdem es dort eine Reihe von Plünderungen und Angriffen auf Einrichtungen von Polizei und Armee gegeben hatte.
Maduro sieht sich bereits seit Anfang April mit Massendemonstrationen konfrontiert. Bei den Protesten wurden bisher 47 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. Es gab 2200 Festnahmen.
«Das ist ein Massaker gegen das Volk», sagte Oppositionsführer Capriles dazu in Caracas. «Bandit, Korrupter, verschwinde», schrie er an Maduro gerichtet. In einem anderen Teil der Hauptstadt versammelten sich derweil etwa 2000 Regierungsanhänger. Eigentlich hatte Maduro seine Anhänger im Präsidentenpalast empfangen sollen, das Treffen fand aber nicht statt. In einem Telefonat lobte Maduro seine Anhänger für ihre Solidaritätskundgebung.
Einmarsch der Armee
Auch in der Stadt Colonia Tovar kam es zu heftigen Ausschreitungen. Der Ort ist bis auf weiteres unter Militärkontrolle gestellt worden. Bei Protesten sei von Maduro-Gegnern ein Verwaltungsgebäude angezündet worden, berichtete das Portal «El Nacional».
«Das ist eine sehr angespannte Situation», sagte eine Mitarbeiterin des Hotels «Bergland». Das Militär sei mit zahlreichen Lastwagen angerückt und kontrolliere die Ortseingänge.
Es kam zu teils chaotischen Szenen, die Nationalgarde soll ein 13 Jahre altes Mädchen angefahren haben, das verletzt wurde. Bilder zeigten Tränengaswolken vor dem malerischen Stadttor – Colonia Tovar erinnert mit seinen Fachwerkhäusern und Einrichtungen wie dem Café «Muhstall» oder dem Hotel «Edelweiss» an den Schwarzwald. Zunächst wurde mit Strassenblockaden versucht, ein Einmarschieren des Militärs zu verhindern. Der Ort liegt etwa eine Stunde von Caracas entfernt.
Gespaltenes Land
Das südamerikanische Land ist extrem gespalten und praktisch gelähmt, die Opposition geht derzeit täglich auf die Strasse. Venezuela steht vor dem wirtschaftlichen Kollaps, Lebensmittel und Medikamente fehlen und die Inflation dürfte diese Jahr 720 Prozent nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) erreichen.
Die Opposition fordert nicht zuletzt deshalb die Amtsenthebung Maduros. Nach Ansicht des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, können nur Neuwahlen einen Weg aus der Krise bieten.
Maduro sieht sich bereits seit Anfang April mit Massendemonstrationen konfrontiert. Bei den Protesten wurden bereits 47 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt.