Auch das ausgeklügelte Sicherheitskonzept für den jährlichen Massenansturm während der grossen muslimischen Pilgerfahrt nach Mekka konnte die Katastrophe nicht verhindern: Mindestens 717 Personen wurden getötet, Hunderte weitere verletzt.
Hunderttausende Gläubige hatten sich am Donnerstag in Mina in der Nähe von Mekka versammelt, um am Ritual der Teufelssteinigung kurz vor Ende der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch teilzunehmen. Dabei war eine Menschenmenge, die den Ort der Teufelssteinigung verlassen wollte, an einer Strassenkreuzung offenbar auf eine andere Menge aus der Gegenrichtung getroffen, was zu einer Massenpanik führte.
Warum sich das Unglück trotz Milliarden-Investitionen der saudi-arabischen Behörden in ein Sicherheitskonzept ereignete, war unklar. Die Regierung führte die Panik auf fehlende Disziplin bei den Pilgern zurück.
«Wenn die Pilger die Anweisungen befolgt hätten, dann hätte man diese Art Unglück vermeiden können», sagte der Gesundheitsminister des Landes, Chaled al-Faleh, am Donnerstag im staatlichen Fernsehen.
Sich nicht an Zeitplan gehalten
Zahlreiche Pilger würden sich «in Bewegung setzen, ohne die Uhrzeiten zu respektieren», die ihnen von den Verantwortlichen zur Organisation des Pilgerereignisses vorgegeben werden. Das sei der «Hauptgrund» für das Unglück, hiess es weiter.
Der Gesundheitsminister sicherte eine «rasche und transparente» Untersuchung der Vorfälle zu. Kronprinz Mohammed ibn Naif hatte dies nach einem Treffen der Hadsch-Organisatoren veranlasst. Der Kronprinz hat den Vorsitz der Pilgerfahrtskommission.
Die Schlussfolgerungen der Untersuchung werden König Salman unterbreitet, der dann über die nötigen Massnahmen entscheidet, wie die saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA das Vorgehen erläuterte.
Vorwürfe aus Teheran
Der Iran hatte zuvor die Behörden in Saudi-Arabien für das Unglück verantwortlich gemacht. Sie hätten Fehler bei den Sicherheitsvorkehrungen gemacht und einen Teil der Route in Mina einfach gesperrt. Unter den Toten sind Dutzende Iraner.
Auf der fünfstöckigen Dschamarat-Brücke in Mina, von welcher die Pilger Kieselsteine auf den Teufel symbolisierende Säulen werfen, hatte es 2006 eine folgenschwere Massenpanik gegeben. Über 360 Pilger wurden dabei getötet.
Als Konsequenz wurden Baumassnahmen ergriffen, die für einen reibungslosen Strom der Pilger sorgen und einen Massenandrang verhindern sollten. Die Pilger werden seither eigentlich so geleitet, dass sich ihre Wege nicht mehr kreuzen sollten.
Trotzdem kam es am Donnerstagmorgen an einer Kreuzung in Mina plötzlich zu einem Stau, wie die Behörden erklärten. Dann sei eine Massenpanik ausgebrochen.
Die Opfer kommen aus unterschiedlichen Nationen. Nach Angaben saudi-arabischer Medien machten sich in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Menschen auf die Pilgerfahrt nach Mekka, darunter fast 1,4 Millionen aus anderen Ländern.
Pflicht für gläubige Muslime
An die saudi-arabische Führung und an die Bevölkerung ergingen zahlreiche Beileidskundgebungen ausländischer Regierungen, darunter aus der Türkei, aus Deutschland und der Schweiz.
Der Hadsch gehört zu den fünf Säulen des Islams. Jeder gläubige Muslim, der gesund ist und es sich leisten kann, soll einmal in seinem Leben nach Mekka pilgern.
Immer wieder kommt es in der für Muslime heiligen Stadt während der Wallfahrt jedoch zu Unglücken. Erst wenige Tage vor Beginn des diesjährigen Hadsch waren mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen, als ein Kran bei einem schweren Unwetter auf die Grosse Moschee stürzte. Beim bislang schwersten Unglück in Mekka waren 1990 bei einem tödlichen Gedränge mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen.