Essen ist Lust. Wer sich allerdings mit Lebensmitteln auseinandersetzt, dem vergeht sie schnell. Würste, Chips, Schokolade, Milch – irgendwie ist alles «schädlich», «krebserregend» oder Gift für den Körper. Aber weiss es der nicht besser?
Der TaWo-Schwerpunkt zur Ernährung hat gezeigt: Jugendliche schauen extrem auf gesunde Ernährung. Das ist gut, aber nur im Mass: Wer sich zu gesund ernährt, läuft Gefahr, eine Essstörung zu entwickeln. Die Experten raten, lieber auf den Bauch zu hören, statt nach Nährwerttabellen. Unser Autor wusste das bereits vor einem Jahr. Mit Vergnügen schalten wir deshalb sein Plädoyer für mehr Lust beim Essen wieder auf.
«Hier – Rüebli, sind gut für die Augen», hat man mir als Kind oft gesagt. Zwei Tonnen Karotten später trage ich eine Brille und lese durch diese täglich neue Hinweise, dass ich gerade meinen Körper verhunze.
Aktuell sind es Würste. Tabu. Rotes, verarbeitetes Fleisch überhaupt. Beides erhöht das Darmkrebs-Risiko. Erst recht vom Grill.
Genauso wie rohe Champignons, Reis, Süssgetränke – vor allem jene mit Vitamin C – und auch Schokolade (mehr dazu auf dieser Liste, die so lang ist wie die «Basler Kochschule» dick). Wobei man sich bei Schokolade nicht ganz einig ist. Der dunklen Variante wird sowohl eine Erhöhung wie auch Verringerung des Krebsrisikos nachgesagt.
Belege finden sich immer – in der einen oder anderen Studie. Statistiken und Experten auch. Könnte doch nur mal Popeye mit seinen vom Spinat gestärkten Armen durchgreifen, alle würden merken, dass auch die auf einem Irrtum basieren.
Das Auge ist oft hungriger als der Magen.
Spinat ist allerdings nicht ungesund, nur weil er weniger Eisen enthält, als mal gedacht. Wie auch meine Rüebli nicht daran schuld sind, dass die Gläser meiner Brille immer dicker werden. Essen ist keine genaue Wissenschaft, das ist jedem Ernährungsberater klar, weil er sonst kein Business-Modell hätte (es hängt von Person zu Person ab, im Fall). Wer allerdings selten wirklich falsch liegt, ist unser Bauch.
Das zeigt sich zuverlässig zwei Stunden nach dem McDonald’s-Besuch bei mir, wenn mein Bauch sagt: «So, und vor dem nächsten Jahr gehen wir nicht wieder hin.» Ob der Food (ist cooler als Essen) dort nun wirklich ungesünder ist oder nicht, spielt für mich dann keine Rolle mehr: Ich hab keine Lust mehr darauf – bis mein Körper was anderes sagt.
Wobei Vorsicht dabei geboten ist, das Auge ist oft hungriger als der Magen. Ist der Teller mal vollgepappt, leert er sich doch nicht so einfach wie gedacht. Und man sollte niemals – wirklich niemals – mehr essen, als man wirklich mag. Aber muss man das sagen?
Sie riechen jetzt schon langsam, worauf dieser Text hinauswill … aber das Rezept ist noch nicht komplett.
Genuss ist überhaupt das Wichtigste. Haben Sie gewusst, dass Lauch und Eier wunderbar zusammenpassen? Nicht? Sollten Sie mal versuchen. Machen Sie sich dabei keine Sorge um den Cholesterin-Spiegel – der Lauch neutralisiert den bösen Stoff.
Die Gefahr, am Essen zu sterben, ist nicht grösser als die, zu verhungern.
Wer Opa die Saucisson oder das Sauerkraut nur mit der Wäscheklammer auf der Nase serviert, sollte ihm nicht den Senf vorenthalten beziehungsweise sich wenigstens die Mühe machen und beim Kochen ein paar Wacholderbeeren oder Kümmel daruntermischen. So schmeckts nicht nur besser, es hilft auch gegen die Blähungen.
Vielleicht ist es ein Zufall, dass gewisse Nahrungsmitteln mit anderen wunderbar schmecken. Vielleicht weiss unser Bauch aber auch einfach, was er wirklich braucht und vor allem dem Körper gut tut – und es schmeckt uns deshalb. Vielleicht sollten wir einfach mehr auf ihn hören?
Die Gefahr, am Essen zu sterben, ist nicht grösser als die, zu verhungern. Wir wissen spätestens seit Paracelsus: «Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.» Die Statistik(en) sagt ja auch nichts anderes. Guten Appetit.