Das Risiko, an Krebs zu erkranken oder zu sterben, nimmt laufend ab. Gründe sind die Früherkennung und bessere Therapien. Weil die Bevölkerung wächst, gibt es in der Schweiz trotzdem immer mehr Krebspatienten.
Zwischen 2008 und 2012 erkrankten jährlich knapp 40’000 Menschen an Krebs. Das sind rund 4000 mehr als in den vorangehenden Jahren. Für die Zeit danach geht der Krebsbericht 2015, der am Montag in Bern vorgestellt worden ist, von einer weiteren Zunahme aus: 2015 wird mit 42’000 Neuerkrankungen gerechnet. Rund ein Drittel der Patienten verstirbt innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose.
Gründe für die Ausbreitung der Krankheit sind das Bevölkerungswachstum und die demografische Entwicklung. Vor den Bundeshausmedien rief Christoph Junker vom Bundesamt für Statistik in Erinnerung, dass sich die Zahl der über 95-Jährigen in den letzten 30 Jahren versechsfacht hat. Für den Einzelnen sei es aber weniger wahrscheinlich, an Krebs zu erkranken. «Die Zahl der Krebserkrankungen nimmt zu, während das individuelle Risiko abnimmt», sagte Junker.
Bessere Überlebenschancen
Auch das Risiko, der Krankheit zu erliegen, geht zurück. Zwar sterben jährlich immer noch etwa 16’000 Menschen an Krebs. Doch ist die Sterblichkeit bei Männern in den letzten 30 Jahren um 36 Prozent zurückgegangen, bei Frauen um 27 Prozent, erläuterte Rolf Heusser, Direktor des Nationalen Instituts für Krebsepidemiologie und -registrierung (NICER). Die 5-Jahres-Überlebensrate stieg auf 68 Prozent für Frauen und 65 Prozent für Männer.
Das ist allerdings ein blosser Durchschnittswert, denn die Überlebensraten sind je nach Krebsart sehr unterschiedlich: Hoden-, Brust-, Schilddrüsen- oder Hautkrebs überleben mehr als 80 Prozent der Patienten länger als 5 Jahre. Bei Lungenkrebs, Leber-, Brustfell- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs liegt die Überlebensrate hingegen unter 20 Prozent.
Dabei gehört gerade Lungenkrebs zu den dominierenden Krebsarten in der Schweiz. Bei Männern machen Prostata-, Lungen- und Dickdarmkrebs mehr als die Hälfte aller jährlichen Neuerkrankungen aus. Bei den Frauen entfallen mehr als die Hälfte der Neuerkrankungen auf Brust-, Lungen- und Dickdarmkrebs.
In der Häufigkeit von verschiedenen Krebsarten spiegeln sich auch veränderte Lebensgewohnheiten: Magenkrebs beispielsweise ist wegen veränderter Lebensgewohnheiten und besserer Hygiene in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Dagegen ist Lungenkrebs bei Frauen wegen der grösseren Zahl von Raucherinnen auf dem Vormarsch.
Geschädigte Kinder
Ein völlig anderes Bild als bei Erwachsenen zeigt sich bei Kindern. Sie machen knapp 1 Prozent der Krebspatienten aus und sind nicht von den Krebsarten Erwachsener betroffen, sondern von Leukämie, Hirntumoren oder Tumoren in Netzhaut oder Nieren. Dank immer besserer Therapien überleben heute fast 85 Prozent der erkrankten Kinder den Krebs.
Für Kinder gehe es jedoch nicht nur um gewonnene Lebensjahre, sagte Claudia Kuehni, Direktorin des Schweizer Kinderkrebsregisters. Ebenso wichtig sei es, dass sie sich trotz der Krankheit seelisch und körperlich normal entwickeln könnten. Das Risiko, an Spätfolgen der Erkrankung oder der Therapie zu leiden, ist allerdings gross. Als Beispiele nannte Kuehni Unfruchtbarkeit, Hörschädigungen oder psychische Probleme.
Der Krebsbericht 2015 ist der zweite Bericht zu 23 einzelnen Krebsarten und den wichtigsten epidemiologischen Kennzahlen wie Häufigkeit von Neuerkrankungen, Überlebensraten oder Todesfällen. Die Daten dafür stammen aus den kantonalen Krebsregistern, dem Kinderkrebsregister und vom Bundesamt für Statistik. Erst letzte Woche hat das Parlament der Schaffung eines nationalen Krebsregisters zugestimmt. Dieses soll spätestens 2019 den Betrieb aufnehmen.