In Schweizer Kliniken sind im vergangenen Jahr mehr Kinder mit Anzeichen von Misshandlung behandelt worden. Am stärksten betroffen waren ganz junge Kinder. Der Täter oder die Täterin war meistens ein Familienangehöriger.
Insgesamt registrierten die Kliniken 1292 Fälle von vermuteter oder sicherer Kindsmisshandlung, wie die Fachgruppe Kinderschutz der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie heute mitteilte.
Dies sind 13 Prozent mehr Fälle als im Jahr zuvor. Die Fachgruppe führt die Zunahme auf eine erhöhte Sensibilisierung der Fachpersonen sowie eine bessere Erfassung der Fälle zurück – an der Zählung beteiligten sich fast alle grossen und mittleren Kinderkliniken.
Mädchen werden häufiger sexuell missbraucht
Etwas mehr als ein Viertel der Kinder wurde körperlich misshandelt. Je ein weiteres Viertel wurde psychisch misshandelt oder vernachlässigt. Bei etwas mehr als einem Fünftel der Fälle erlitten die Kinder sexuellen Missbrauch.
Häufig werden die Kinder auf mehr als eine Weise misshandelt, wie die Fachgruppe zudem festhält.
Fast die Hälfte der Opfer war jünger als sechs Jahre alt – am stärkten betroffen waren Kinder, die weniger als ein Jahr alt waren. Sexuellen Missbrauch erlitten überwiegend Mädchen (76 Prozent), beim Rest der Misshandlungsfälle war das Geschlechterverhältnis recht ausgeglichen.
Misshandlung geschieht meistens in der Familie
Meistens misshandelte ein Familienmitglied (78 Prozent) oder jemand aus dem Bekanntenkreis (14 Prozent) das Kind. Bei sexuellem Missbrauch ist der Anteil der Täter aus dem Familienkreis etwas weniger hoch. Sexueller Missbrauch wird zudem meistens von Männern verübt.
Über alle Misshandlungsfälle betrachtet beträgt der Anteil der weiblichen Täter 28 Prozent – bei einer weiteren Gruppe von Fällen wird die Misshandlung von beiden Elternteilen verübt.
Drei Kinder sind an den Folgen der Misshandlung gestorben – sie waren alle weniger als ein Jahr alt.
Behörden werden häufig eingeschaltet
Oft musste die Kinderschutzgruppe die Behörden einschalten – bei jedem vierten Fall machte sie eine Meldung an die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde. Bei gut sechs Prozent der Misshandlungen reichte sie Strafanzeige ein. In vielen Fällen hatte zudem bereits eine andere Stelle die Behörden oder die Justiz benachrichtigt.