Mehr Motorräder, weniger Kilometer, mehr Unfälle

Mindestens 17 Verletzte und drei Tote waren allein am vergangenen Wochenende bei Motorradunfällen zu beklagen. Immer mehr Motorräder legen auf Schweizer Strassen insgesamt weniger Kilometer zurück, sind aber in mehr Unfälle verwickelt.

Motorradfahrer unterwegs (Symbolbild) (Bild: keystone)

Mindestens 17 Verletzte und drei Tote waren allein am vergangenen Wochenende bei Motorradunfällen  zu beklagen. Immer mehr Motorräder legen auf Schweizer Strassen insgesamt weniger Kilometer zurück, sind aber in mehr Unfälle verwickelt.

Im ersten Halbjahr 2012 kam es zu 20% mehr tödlichen Unfällen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auffallend häufig passieren Motorradunfälle auf Passstrassen. Diese sind bei den Töffahrern beliebt und bei schönem Wetter entsprechend auch sehr gut frequentiert. «Selbstverständlich fahren viele Töfffahrer sehr vernünftig. Es gibt aber Fahrer, welche die Passstrassen als Rennstrecken missbrauchen», sagt Mario Cavegn, Teamleiter Forschung Strassenverkehr der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) in Bern.

Übersetzte Geschwindigkeit als Dauerthema

Beispiele zeigen, dass gerade auf Passstrassen oft zu schnell gefahren wird. Im Juni dieses Jahres kam es auf dem Oberalppass zu einer Häufung von Unfällen. Im Zusammenhang mit einer parlamentarischen Anfrage veröffentlichte die Baudirektion des Kantons Uri letzte Woche eine Unfallstatistik für die Oberalpstrasse von Andermatt bis zur Kantonsgrenze Graubünden. Untersucht wurde der Zeitraum der letzten fünfeinhalb Jahre. Von 40 Unfällen waren deren 23 reine Motorradunfälle. In weitere sechs Unfälle waren Motorradfahrer mit involviert. Eine grosse Anzahl der Unfälle war auf eine nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen.

Zu hohe Geschwindigkeit von Töfffahrern auf den Alpenpässen ist ein Dauerbrenner. So machte etwa Mitte August ein Motorradfahrer von sich reden, der mit 151 km/h statt der erlaubten 80 über die Grimselpassstrasse brauste. Bei der gleichen Kontrolle wurde vier weiteren Fahrern der Fahrausweis ebenfalls abgenommen, insgesamt wurden 13 Töfffahrer verzeigt.

Anzahl Töffunfälle konnte nicht gesenkt werden

Man könne es nicht wegdiskutieren, dass bei den Motorradfahrern ein Problem bestehe, sagt Mario Cavegn von der bfu. Anders als bei den Autos habe die Anzahl Töffunfälle in den letzten Jahren nämlich nicht abgenommen. Die Zahlen stagnieren auf hohem Niveau. Wer glaubt, dies könnte damit zu tun haben, dass mehr Töffs im Umlauf sind, irrt. «Es stimmt, heute gibt es in der Schweiz mehr Motorräder als vor zehn Jahren. Die Anzahl an gefahrenen Kilometern hat insgesamt aber nicht zugenommen» erklärt Mario Cavegn.

Die Sensibilisierung der Fahrer sei unbedingt nötig. Töfffahren bleibe grundsätzlich gefährlich, eine defensive Fahrweise sei entsprechend wichtig. Zudem stelle bei den Töfffahren die Frage der Selbstüberschätzung nach wie vor ein wichtiges Thema dar. Lobende Worte findet der Verkehrsspezialist hingegen für die Arbeit der  kantonalen Polizeikorps: «Gut ist, das die Polizei nicht nur büsst, sondern auch stark im präventiven Bereich engagiert ist.»

Geschwindigkeitskontrollen haben Wirkung

In jenen Kantonen, in welchen die grossen Alpenpässe liegen, ist man sich des Problems sehr wohl bewusst. So gibt es in Bern die Aktion «Moto 2000 +»;  die Kantone Tessin, Graubünden und Uri führen gemeinsam die Präventionskampagne «Superbiker» durch. Die Berner Kantonspolizei Bern bezeichnet Gebietsverantwortliche, welche die Fahrer mit Vorträgen bei Motoclubs und Töfftreffs zu erreichen versuchen.

Damian Meier von der Urner Kantonspolizei bestätigt, dass man in den Gebirgskantonen sowohl auf Prävention wie auch auf Repression setze: «Im Kampf gegen übermässige Geschwindigkeit von Töfffahrern führen wir in Uri regelmässig die Aktion «Feuerstuhl» durch, bei welcher wir an den verschiedenen Pässen mit Lasergeschwindigkeitsgeräten präsent sind.» 

Geschwindigkeitskontrollen scheinen zu wirken. Eine unter Töfffahrern beliebte Bergstrecke bei Murgenthal AG bewegte vor einigen Jahren die Gemüter. Die Aargauer Polizei reagierte mit vermehrten Kontrollen und mit einer Videoüberwachung. Mit Erfolg, das Thema hat sich in der Zwischenzeit erledigt.

Bei den Töffs sind keine regelmässigen Kontrollen vorgeschrieben

Rund um das Thema Töff bewegt nebst der Frage der Sicherheit auch der Lärm die Gemüter. Für Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Bundesamt für Strassen (ASTRA) ist klar, dass zu laute Motorräder zumeist auf die Fahrweise einzelner Motorradfahrer und auf nachträgliche Abänderungen zurückzuführen sind. Letztere dürften seiner Ansicht nach nicht immer legal sein. Technische Kontrollen durch die Polizei im Rahmen von normalen Strassenkontrollen seien aber sehr aufwändig und kaum flächendeckend durchzuführen.   

VCS- Mediensprecher Gerhard Tubandt erklärt, dass die Schweiz ihre Abgasvorschriften jeweils der EU anpasse. Diese habe bis heute aber noch keine wirklich griffigen Grenzwerte für die Lärm- und Abgasemmissionen von Töffs verabschiedet. Im Gegensatz zu den Autos seien bei den Töffs auch keine regelmässigen Kontrollen vorgeschrieben.

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